Kommentar:Mehr Mischung, weniger Filialen

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Eine der letzten Baulücken in der Altstadt soll geschlossen werden. Bei der Planung für den Färbergraben geht es aber um mehr als nur Gestaltungsfragen

Von Alfred Dürr

Noch laufen die Verhandlungen diskret hinter den Kulissen, aber das Bekenntnis der städtischen Planungsexperten ist klar: Die Hochgarage am Färbergraben, besser bekannt unter dem Namen "Hirmer-Parkhaus", soll weg und durch den Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses ersetzt werden. Dabei geht es aber um mehr als nur einen Ersatzbau. Denn seit Jahrzehnten dümpelt die Planung für den Färbergraben und den Sattlerplatz vor sich hin. Eine der wichtigsten Verbindungen zwischen der Fußgängerzone und dem Hackenviertel liegt brach oder ist zu einem hässlichen Parkplatz verkommen.

Es hängt nicht am fehlenden Engagement der Stadt, dass dieser Schandfleck im Zentrum Münchens bisher nicht beseitigt werden konnte. Vertragliche Bindungen beim Parkhaus und ein Postgebäude mit wichtigen fernmeldetechnischen Einrichtungen verhinderten lange Zeit eine Neugestaltung des gesamten Areals. Inzwischen hat sich die Situation geändert: Die Parkhaus-Verträge laufen 2016 aus, das Postgebäude wurde vom Inselkammer-Konzern erworben. Jetzt aber müssen die Interessen dieses Unternehmens und die Absichten der Stadt unter einen Hut gebracht werden. Das scheint zurzeit die größte Hürde zu sein.

Nicht nur sie muss überwunden werden. Es wird auch wieder um Glaubensfragen der Verkehrs- und Stadtplanung gehen: Kann München auf ein Parkhaus, das nur einen Katzensprung vom Marienplatz entfernt ist, einfach verzichten? Der Protest ist programmiert, auch wenn die Stadt schon jetzt auf die freien Kapazitäten in den umliegenden Hochgaragen verweist. Planer und Politiker werden da noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Das gilt auch bei der Frage, wie dieses Großprojekt in der Altstadt aussehen soll. Denn es geht nicht nur um Architektur. Die Innenstadt hat genug von noch mehr Filialen, teuren Geschäften und immer höheren Mieten. Kleine Läden, erschwingliche Wohnungen, Straßen, die nicht im Verkehr ersticken - solche Qualitäten muss die Stadt hier fördern.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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