Kommentar:Lästige Debatte, elegant beendet

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Die nötigen Unterschriften sind noch nicht einmal gesammelt, da gibt die Stadtratsmehrheit schon nach und übernimmt Forderungen der Initiatoren des Bürgerbegehrens für saubere Luft. Wohl nicht ohne Hintergedanken

Von Dominik Hutter

War das nun das bislang erfolgreichste Bürgerbegehren in München? Die Initiatoren haben noch nicht einmal die nötigen Unterschriften beisammen, da gibt die Stadtratsmehrheit schon nach und übernimmt die Forderungen nach einer radikalen Verkehrswende. Bis 2025 sollen nur noch 20 Prozent aller Münchner Wege mit herkömmlichen Autos zurückgelegt werden - den großen Rest übernehmen Elektroautos, der MVV, das Fahrrad und die eigenen Beine. Ein hehres Ziel, das allerdings nicht mehr als eine Absichtserklärung ist. Wenn es nicht hinhaut, passiert auch nichts - sichtbare Anstrengungen reichen aus.

Kein Wunder, dass die Stadtratsmehrheit sich für diesen Schritt entschieden hat. So kann eine lästige Debatte, die sich gegen die Politik der Rathausmehrheit richtet, elegant beendet werden. Ohne dass sich irgendjemand verbiegen muss. Den Initiatoren des Bürgerbegehrens fällt damit ihr Kardinalfehler vor die Füße: Die Forderung auf den Unterschriftenlisten ist bewusst unverbindlich formuliert, damit sich eine breite Mehrheit darin wiederfinden kann. Autofahrer sollen möglichst nicht durch radikale Einschnitte abgeschreckt werden, Fußgänger und Radfahrer sind sowieso dafür. Nur: wofür eigentlich genau?

Die Initiatoren haben sich darüber durchaus Gedanken gemacht. Es gibt einen Maßnahmenkatalog mit zehn Punkten, wie die Verkehrswende in München vonstatten gehen soll. Bestandteil des Bürgerbegehrens sind diese Ideen aber nicht. Im offiziellen Text steht lediglich, dass die Stadt schnellstmöglich Maßnahmen ergreifen soll, um das Prozent-Ziel zu erreichen. Und dass jährlich über deren Fortschritt berichtet wird. Das erinnert stark an den Luftreinhalteplan, in dem auch schon seit vielen Jahren verzeichnet ist, was die Stadt zu tun gedenkt, um die Schadstofflimits der EU einhalten zu können.

Das Bürgerbegehren kann also sehr leicht zum Rohrkrepierer werden - alles hängt vom konkreten Engagement der Rathausmehrheit ab. Die singt am liebsten das Hohelied von der Elektromobilität. Zur Erfüllung der Zielmarke wäre das zwar ausreichend. Eine echte Verkehrswende aber sieht dann doch etwas anders aus.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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