Kommentar:Gute Idee mit zu vielen Haken

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Der Hartnäckigkeit der ÖDP ist es zu verdanken, dass sich München Gedanken macht, warum hier immer noch Strom aus Steinkohle gewonnen wird. Ihre Vorschläge sind aber zu radikal. Nun liegt eine vernünftige Alternative auf dem Tisch

Von Dominik Hutter

Es ist das alte Dilemma bei Bürgerentscheiden: Trommelt einer fürs Contra, finden sich die Nicht-Unterstützer schnell auf der Pro-Seite wieder. Ob sie es wollen oder nicht. In Wahrheit hat das Kohlekraftwerk im Münchner Norden keine echten Freunde im Rathaus. Es gibt niemanden, der ruft: Ja zur Kohle, in dieser Energieform liegt die Zukunft. Die Frage ist vielmehr: Wie schnell und unter welchen Bedingungen können die Stadtwerke realistischerweise aus der Kohleverfeuerung aussteigen?

Dass der von der ÖDP propagierte Zeitplan, das bis zum Jahr 2022 zu schaffen, überehrgeizig bis unmöglich ist, zeichnet sich immer deutlicher ab. Selbst wenn man die Millionenverluste für die Stadtwerke in Kauf nähme: Ist es sinnvoll, für eine Übergangszeit provisorische Gasheizwerke zu errichten, da der Ausbau der Geothermie bis dahin wohl nicht abgeschlossen ist? Bestimmt nicht. Ein Ratsbegehren mit einem Gegenvorschlag, wie von den Grünen nun erwogen, ist daher ein guter Plan. Vor allem, wenn es trotz allem einen beschleunigten Ausstieg aus dieser umweltschädlichen Energieform beinhaltet. Ausstieg ja, aber zu sinnvollen Konditionen.

Der ÖDP gebührt trotzdem das Verdienst, das Thema am Köcheln gehalten zu haben. Jahrelang war die Steinkohleverbrennung im Kraftwerk Nord allenfalls Eingeweihten bekannt. Zur Kommunalwahl 2014 forderte die ÖDP öffentlichkeitswirksam die Abschaltung der Anlage und kegelte sich dafür sogar selbst aus einer möglichen Öko-Rathauskoalition. Anschließend blieb die ÖDP so hartnäckig bei der Sache, dass niemand mehr auf den Gedanken kommen konnte, das Thema klammheimlich wieder in der Schublade verschwinden zu lassen. Das ist gut.

Schlecht ist, dass der Effekt einer Abschaltung auf München begrenzt bleibt. Wenn Strom von außen zugekauft wird, entstehen die Abgase eben woanders. Dazu kommt: Die CO₂-Emissionszertifikate für die Kohleverstromung werden von den Stadtwerken wohl weiterverkauft. Damit jemand anders munter weiterschmutzen darf. Aber nicht in München.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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