Kommentar:Es braucht auch mal ein Nein

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Das Rathaus gibt viel Geld aus. Viele Projekte sind sinnvoll, trotzdem sollte man nicht alles finanzieren

Von Dominik Hutter

Schulden sind nicht zwangsläufig Teufelswerk. Kaum ein privater Häuslebauer schafft es, ohne finanzielle Überbrückungsphase mit Hilfe einer Bank seinen Traum zu verwirklichen. Öffentliche Haushalte funktionieren im Großen und Ganzen wie private Bilanzen, das sagt Münchens Kämmerer Ernst Wolowicz immer wieder. Warum also soll auch die Stadt München die aktuelle Wachstumsphase nicht mit geliehenem Geld meistern? Und damit Schulen, Kitas und andere Infrastruktureinrichtungen bauen - viele Projekte dulden keinen Aufschub.

Wahrscheinlich wird das Rathaus gar nicht umhin kommen, neue Kredite aufzunehmen, um das neue, größere München zu finanzieren. Nur: Schulden sollte man tunlichst nur machen, wenn für Zins und Tilgung dauerhaft genug Geld da ist - auch da geht es der Stadt wie Herrn Mustermann. Derzeit sieht es noch ganz gut aus, die Gewerbesteuer sprudelt nur so in die Kasse. Kommt es aber in dieser an Krisenherden nicht gerade armen Welt zu einem Wirtschaftseinbruch, geht es auf einmal ziemlich rasant bergab. Zur Erinnerung: Diese Kommune kommt nicht einmal mit ihrem Geld aus, solange sie Rekordeinnahmen verbuchen kann. München lebt deutlich über seine Verhältnisse, so mahnt der Kämmerer immer wieder. Darf man so jemanden zum Schulden machen auf die Bank schicken?

Eigentlich nur, wenn er Besserung gelobt. Einsicht, dass auch mal gespart werden muss. Knauserigkeit kann man der schwarz-roten Koalition wahrlich nicht vorwerfen, das Geld wird mit Freude und mit vollen Händen ausgegeben. Und das für durchaus sinnvolle Dinge - wer wollte die deutschlandweit größte Schulbauoffensive oder die deutschlandweit größte Wohnungsbauoffensive in Frage stellen? München braucht bessere IT, der Gasteig muss saniert werden, ein neues Volkstheater soll her, die Stadtverwaltung benötigt mehr Personal, das alles klingt sinnvoll und wichtig. Wenn man es sich aber nicht leisten kann, helfen zwei kleine Wörtchen weiter: "Nein" oder "später". Denn wenn die Schulden die Stadt erst einmal erdrücken, verliert sie ihre politische Handlungsfähigkeit. Und das wäre alles andere als sinnvoll.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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