Wenn der Hauptbahnhof die Visitenkarte Münchens wäre, dann hätte die Stadt ein ziemliches Imageproblem. Das alte Ungetüm wirkt längst, als wäre es bedrohlich einsturzgefährdet. Höchste Zeit also, dass ein neuer, schöner Bahnhof herkommt. Doch was machen eine jahrelange Riesenbaustelle im Herzen der Stadt und danach ein futuristischer Bau mit dem direkten Umfeld? Erst Kriminalisierung, dann Gentrifizierung, befürchten viele. Doch das Bahnhofsviertel, und hier insbesondere der südliche Teil, ist weit mehr als eine große Ankunftshalle. Es ist ein Schmelztiegel der Kulturen, es ist ein quirliges Quartier und gerade deshalb ein besonders liebenswerter Ort in der manchmal doch behäbigen Millionenstadt. Und so sollte das Bahnhofsviertel auch bleiben.
Dabei ist es eine große Chance, den Bau des neuen Bahnhofs dafür zu nutzen, auch das Viertel neu zu überdenken. Die brutale Verkehrsschneise der Schwanthalerstraße, die das Quartier in zwei Hälften schneidet, könnte schon längst mit einfachen Mitteln fußgänger- und radfahrerfreundlicher gestaltet werden. Auch mehr Grün in den Straßen oder eine temporäre Fußgängerzone für einen Markt oder Basar täten dem Viertel gut. Allerdings sollten sich die städtischen Planer davor hüten, allzu massiv in das gewachsene Gefüge einzugreifen. Die Gefahr, dass das Bahnhofsviertel sein Gesicht verliert und zu einer austauschbaren Shoppingmeile verkommt, ist groß.
Auch so schreitet der Wandel im südlichen Bahnhofsviertel rasant voran. An nahezu jeder Straße klafft eine riesige Baulücke, es entstehen immer noch neue Hotels, aber mittlerweile auch edle Büro- und Wohnhäuser. Ein massives Wohnungsbauprogramm der Stadt würde das Viertel so aufwerten, dass es in einigen Jahren überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen wäre. Und das wäre schade, gerade für eine so bunte Stadt wie München.