Kommentar:Eine Stadt, die hilft

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Mit einem Integrationsplan will die Stadt auf die vielen neu angekommenen Flüchtlinge reagieren. Das ist gut, aber nocht wichtiger ist es, ihn mit Leben zu füllen. Und mit Geld

Von Sven Loerzer

Warmherzig war der Empfang, den Münchner vor einem Jahr den rund 200 Menschen bereiteten, die nach langer Flucht ein Zug aus Österreich in die bayerische Landeshauptstadt brachte. Auch als dann immer mehr Züge Menschen nach München brachten, riss das Engagement der Bürger dieser Stadt nicht ab, im Gegenteil. Sie versorgten die Erschöpften mit Wasser und Nahrung, sie brachten Spenden, sie organisierten erste Zuwendung und bauten aus dem Nichts heraus eine Logistik der Hilfe auf, die selbst Profi-Helfern viel Respekt abnötigte.

Ein Jahr danach ist Alltag eingekehrt.

Dennoch engagieren sich viele Münchner auch weiterhin, helfen Flüchtlingen, sich in der fremden Stadt zurecht zu finden. Nicht immer bleiben Enttäuschungen aus, es gibt Missverständnisse. So ist das, wenn Menschen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund und anderen Wertvorstellungen einander kennen- und miteinander leben lernen. Viele neue Angebote sind entstanden, um Flüchtlingen den Weg zur Bildung, Ausbildung und Arbeit zu eröffnen, um in dieser Stadt eine neue Heimat zu finden.

Systematisch dabei helfen soll der Integrationsplan, den die Stadt in aller Gründlichkeit bis Mitte nächsten Jahres erarbeiten will. Dass sie dabei die Menschen nicht ausschließt, die München in ein paar Jahren wieder verlassen müssen, weil sie kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, ist durchaus vernünftig. Ihnen wenigstens auf Zeit zu ermöglichen, sich heimisch zu fühlen, stiftet Frieden. Das Leben in den Massenunterkünften ist ohnehin schwer genug. Deshalb kommt es mehr als auf einen schönen, mit allen Engagierten erarbeiteten Integrationsplan noch darauf an, wie dieser dann finanziell ausgestattet wird.

Obwohl die Bedingungen in München mit vielfältigen Unterstützungsangeboten vergleichsweise gut sind, bleibt viel zu tun. So reicht etwa die therapeutische Hilfe für die vielen von Krieg, Gewalt und Flucht traumatisierten Menschen nicht aus. Um Ziele in allen Bereichen zu formulieren, kann ein Integrationsplan nützlich sein. Aber mit Leben können ihn nur Menschen füllen, die allen Schwierigkeiten zum Trotz beherzt zupacken, weil sie sich auf ein besseres Leben miteinander freuen.

© SZ vom 31.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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