Kommentar:Eine historische Entscheidung

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Eine Mehrheit von Anwohnern, Passanten und Geschäftsleuten findet die autofreie Sendlinger Straße gut. Trotzdem handelt es sich für den Stadtrat um eine schwierige Entscheidung, wenn er bald festlegen soll, ob der Testbetrieb zur Dauereinrichtung wird

Von Alfred Dürr

Am 1. Juli wird es genau ein Jahr her sein, dass die gesamte Sendlinger Straße probeweise zur Fußgängerzone wurde. Noch vor der Sommerpause soll der Stadtrat entscheiden, ob der Testbetrieb zur Dauereinrichtung wird. Seit Jahrzehnten ist die autofreie Sendlinger Straße ein Thema, der Beschluss hat also durchaus eine historische Dimension. Inzwischen gibt es einen klaren Trend: Aus Umfragen geht hervor, dass die Mehrheit der Anwohner, Passanten und Geschäftsleute die Fußgängerzone befürwortet. Die meisten freuen sich auf ein Stück mehr Lebensqualität in der Altstadt. Doch für den Stadtrat handelt sich um alles andere als eine einfache Entscheidung.

Stadtrat, Bezirksausschuss und Verwaltung haben es sich bisher nicht leicht gemacht und eine intensive Bürgerbeteiligung ermöglicht. Anders als in anderen Büro- und Geschäftsbereichen der Innenstadt, die verkehrsberuhigt wurden, gibt es in der Sendlinger Straße eine große Zahl von Anwohnern. Diese schätzen einerseits mehr Ruhe und eine saubere Luft, erleben aber auch die Kehrseite der Medaille. Fehlende Parkplätze, die Verdrängung des Verkehrs in die Straßen des Hackenviertels, Sonderregelungen für Fahrten mit dem Auto zu den Wohnungen oder zu den Arztpraxen - das sind schwierige Themen, die auf den öffentlichen Veranstaltungen mit Vertretern der Stadt und den Anwohnern verhandelt wurden. Wirklich befriedigende Antworten haben diejenigen, die immer wieder bei den Workshops mitdiskutiert haben, jedoch nicht bekommen.

Das Beispiel autofreie Sendlinger Straße zeigt den schwierigen Weg zu einer verkehrsberuhigten Innenstadt. Einzelne Maßnahmen ziehen eine ganze Reihe von Folgen nach sich und verlagern die Probleme in die Nachbarstraßen. Irgendwann soll auch das Hirmer-Parkhaus am Färbergraben verschwinden und der Platz davor soll sich zum attraktiven Fußgängerbereich entwickeln. Autofahrer allerdings werden sich andere Wege und Parkmöglichkeiten im Hackenviertel suchen. Vor diesem Hintergrund ist der Vorschlag, unter dem Rindermarkt ein Parkhaus mit allen Möglichkeiten der E-Mobilität zu errichten, ein interessanter Diskussionsbeitrag. Er sollte nicht von vornherein abgetan werden.

© SZ vom 09.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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