Kommentar:Ein Spitzelportal? Bitte nicht

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Die Stadt muss alles dafür tun, die illegale Vermietung von Wohnungen zu unterbinden. Die Bürger aber zu ermuntern, anonym Nachbarn anzuzeigen, geht zu weit

Von Heiner Effern

Die Stadt muss alles dafür tun, das illegale Vermieten von Wohnungen an Touristen zu unterbinden. Das ist unstrittig. Wenn Zigtausende Wohnungen fehlen, um allen Einheimischen und Zuzüglern zu einer vernünftigen Miete ein paar Zimmer zu bieten, dann darf keine einzige in einem schwarz-grauen Markt verschwinden. Auch ist nicht einzusehen, dass sich die Vermieter nicht an den Kosten für die Allgemeinheit beteiligen, die ihre Kunden verursachen: Man darf getrost unterstellen, dass sie oft keine oder zu wenig Abgaben bezahlen. Auch wird es immer wieder vorkommen, dass eine Hausgemeinschaft durch feiernde Party-Urlauber massiv gestört wird.

In diesem Fall ist aber ohnehin anzunehmen, dass sich die Nachbarn wehren werden. Auch ohne ein Meldeportal im Internet, in das sie anonym die betroffene Adresse eingeben können. Dafür gibt es Ansprechpartner beim Mieterverein oder Wohnungsamt. Die Bürger zu ermuntern, ohne jede Möglichkeit der Rückverfolgung vermeintliche illegale Handlungen ihrer Nachbarn anzuzeigen, ist keine Gratwanderung. Das überschreitet eine Grenze. Eine solche Idee sollte in einem Land, in dem das Denunziantentum so unvorstellbar schlimme Folgen hatte wie in Deutschland, einen inneren Alarm auslösen. Auch wenn es ohne Zweifel gut gemeint ist und die handelnden Personen in der Politik absolut integer sind, lässt der Aufruf zur anonymen Spitzelei einen schalen Beigeschmack zurück.

Das sollte genügen, solche Pläne flott wieder zu vergessen. Dazu kommt, dass die öffentliche Ordnung in einer funktionierenden Demokratie von den Staatsorganen ausreichend geschützt werden sollte. Dafür müssen die zuständigen Stellen ordentlich mit Befugnissen, Geld und Personal ausgestattet sein. Darum sollte sich die Stadt kümmern. Auch sollte sich die Politik verstärkt um Aufklärung und Prävention bemühen. Den Vermietern muss deutlich gemacht werden, dass sie mit den paar einfachen Klicks im Internet, mit denen sie ihre Wohnung immer wieder Touristen anbieten, den Boden der Legalität verlassen. Und dass sie bei Wiederholung von einer schlagkräftigen Verwaltung ordentlich zur Kasse gebeten werden.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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