Kommentar:Ein Großprojekt für die Großstadt

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Jetzt also der Appell, Wohnungen auch an Studenten zu vermieten: Alle Themen in München lassen sich auf eine Grundproblematik reduzieren - es gibt in dieser Stadt zu wenig Platz

Von Katja Riedel

Es gibt so gut wie kein Thema in der Münchner Politik, das sich nicht auf dieses Grundproblem herunterbrechen ließe: In dieser prosperierenden Stadt gibt es zu wenig Platz. Um gut 15 Prozent soll die Einwohnerschaft bis 2027 anwachsen, das wären etwa 230 000 Neu-Münchner. Und das ist noch äußerst vorsichtig gerechnet. Dass München schon jetzt aus allen Nähten platzt, ist im Alltag überall zu spüren, im Stau, in den U-Bahnen, im überfüllten Bürgerbüro. Vor allem spüren die Menschen den Platzmangel aber dort, wo die Enge nicht nur unangenehm ist, sondern wo es ums Existenzielle geht: auf dem Wohnungsmarkt. Am wenigsten berührt das nur jene, die für das knappe Gut den höchsten Preis zahlen können.

Deshalb gab es in den vergangenen Monaten Appell um Appell. Es ging um mehr Unterkünfte für Flüchtlinge. Es wurde über bezahlbaren Wohnraum für sozial Schwache geredet. Der Oberbürgermeister rief nach Werkswohnungen, in denen Unternehmen ihren Mitarbeitern ein bezahlbares Zuhause bieten sollen. Der neueste Appell richtet sich an Vermieter, die auch Studenten eine Chance geben mögen. Studenten gehören nicht zur Lieblingskundschaft der Vermieter, wenn diese auch den Assistenzarzt oder den Jungjuristen in ihr Apartment einziehen lassen können. Mieter also, von denen sie sich eher pünktliche Mietzahlungen und einen ruhigeren Lebenswandel versprechen als von einem Studenten.

Die Stadtpolitik darf sich nicht damit begnügen, fromme Appelle an Vermieter zu richten. Die Münchner Wohnungsfrage zu lösen, und zwar im Sinne einer sozial gut durchmischten Großstadtgesellschaft, ist ein echtes Großprojekt. Und dieses verlangt mehr Übersicht, mehr langfristige Visionen, eine großräumige Siedlungsplanung - und weniger Klein-Klein.

© SZ vom 18.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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