Kommentar:Die Opposition lernt noch

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Einen Antrag der Grünen, die Neuwahl von Brigitte Meier zur Sozialreferentin zu verschieben, kann man als Zeichen sehen, dass die Partei aus der rot-grünen Kuschelecke kommt. Allerdings stellt sich die Frage, warum diese Volte so lange auf sich warten ließ

Von Heiner Effern

Die politische Lage vor der wichtigsten Münchner Wahl 2016 war bis zum Kracher der Grünen geradezu langweilig. Sechs Referenten, also Stadtminister, soll der Stadtrat am Mittwoch bestimmen. Alle fanden Zustimmung bei der Rathausmehrheit aus SPD und CSU, auch die Opposition hatte wenig zu mäkeln. Weder an den Personen noch an ihrer Qualifikation. Dann ploppte vor einer Woche plötzlich die - je nach Sichtweise - Überlastung oder Schlamperei im Sozialreferat auf. Ein Millionenschaden steht im Raum, weil die Kosten für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge angeblich nicht rechtzeitig geltend gemacht wurden.

Dass die Grünen nun vor der Wiederwahl von Brigitte Meier zur Sozialreferentin zum Angriff übergehen, ist nur zu nachvollziehbar. Eine solche Steilvorlage muss die Opposition nutzen. Den Antrag, deren Wahl bis zur Klärung der Vorwürfe zu verschieben, kann man als Zeichen sehen, dass die Grünen aus ihrer alten rot-grünen Kuschelecke herauskommen und ihre neue Rolle im Stadtrat annehmen wollen. Zur kritischen Kontrolle der Regierung gehört es, auch mal gegen diejenigen zu schießen, mit denen man lange eng zusammengearbeitet hat.

Gleichzeitig fragt man sich, warum die Grünen mehr als eine Woche dafür gebraucht haben. Im Sozialausschuss am vergangenen Donnerstag sind sie handzahm den Ausführungen Meiers gefolgt. Die wichtigsten Fakten waren da schon bekannt. Der Zwischenbericht des Revisionsamts vom Montag bestätigt die Fehler im Referat, lässt sie vielleicht noch drastischer erscheinen, wirklich neu ist wenig. Die Grünen hätten vor der Referentenwahl die Möglichkeit gehabt, CSU und SPD eine Woche vor sich herzutreiben. Diese Chance haben sie verpasst. Opposition muss man nicht nur wollen, sondern auch können. Aber immerhin. Ein erster Schritt ist getan.

© SZ vom 27.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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