Kommentar:Der Sieg der Satire

Die Sozialgenossenschaft entstand aus dem Protest heraus und feiert ihren ersten Erfolg

Von Thomas Anlauf

"Applaus, Applaus" ist einer der bekanntesten Hits der Sportfreunde Stiller. Den spielten sie auch an einem kalten Februarabend 2014 in einem Hinterhof an der Müllerstraße. Einer, der den Musikern damals besonders heftig applaudierte, war Till Hofmann. Der galt nicht nur der spontanen Musikeinlage der bekannten Münchner Band. Kleinkunstveranstalter Till Hofmann war gemeinsam mit Kabarettisten, Schauspielern und eben den Sportfreunden etwas gelungen, was kaum möglich schien: die Stadt davon abzuhalten, ein altes Wohnhaus abzureißen, das diese für nicht mehr sanierbar hielt.

Damals nannten sich die Aktivisten um Hofmann, den Chef der Lach- und Schießgesellschaft, noch Goldgrund und prangerten mit frechen Aktionen Luxussanierungen und Wohnungsleerstand in München an. Mit der Rettung von letztlich sogar drei Wohnhäusern an der Müllerstraße düpierte die Satire-Truppe nicht zuletzt Kommunalreferent und Abrissbefürworter Axel Markwardt, der erst vom damaligen Oberbürgermeister Christian Ude und dann auch vom Stadtrat zurückgepfiffen wurde. Die Hartnäckigkeit auch vieler Prominenter, die sich für die Häuser und den Bolzplatz der Glockenbachwerkstatt eingesetzt hatten, machte klar: Die Münchner können selbst etwas bewegen.

Das eigentlich Großartige aber ist, dass trotz der Kritik an der Stadt ein großes Engagement von Münchnern erwachsen ist. Aus dem Protest entstand die Sozialgenossenschaft Bellevue di Monaco, die mit viel persönlichem Einsatz in wenigen Monaten das Haus an der Müllerstraße 6 sanierte. 40 Jahre lang soll das Gebäude nun helfen, Geflüchtete in die Stadtgesellschaft zu integrieren. Applaus dafür.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: