Kommentar:Der Durchbruch steht noch aus

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Zweisprachige Grundschulen bieten Eltern und Kindern viele Vorteile. Aber auch auf den weiterführenden Schulen muss der bilinguale Unterricht seine Fortsetzung finden

Von Melanie Staudinger

München ist bunt: Menschen aus 180 Nationen leben hier, fast jeder zweite Einwohner hat nicht-deutsche Wurzeln. Die Vielfalt, das Miteinander verschiedener Kulturen zeichnet die Stadt aus. Und die Vielfalt sollte sich auch in den Schulen widerspiegeln. Auf informeller Ebene läuft dort schon sehr viel Integrationsarbeit: Es gibt Mütter-Cafés, interkulturelle Projekte und mittlerweile sogar immer mehr Lehrer mit Migrationshintergrund. Die Modellversuche "Bilinguale Grundschule Englisch" und "Bilinguale Grundschule Französisch" gehen allerdings einen Schritt weiter: Sie ermöglichen Kindern, die zweisprachig aufgewachsen sind, die Sprache der Eltern, ihre Muttersprache, in der Schule von der Pike auf zu lernen.

Das stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein der Kinder, sondern zeigt auch gerade den Neuangekommenen, dass sie hier willkommen sind. Für Lehrer hat es den Vorteil, dass auch sie ihren persönlichen Hintergrund mehr in ihre Arbeit einbringen können, etwa wenn sie selbst zweisprachig aufgewachsen sind. Eltern haben die Sicherheit, dass ihr Kind in der Schule von hier ausgebildeten Lehrern unterrichtet wird und nicht, wie beim Türkisch-Unterricht, von irgendwelchen Konsulatslehrkräften, deren politische Ansichten zweifelhaft sein können. Und deutschen Kindern bietet sich die Möglichkeit, in jungen Jahren spielerisch eine Sprache einzuüben - ganz ohne Vokabellernen und Grammatikbüffeln.

Insofern ist der Modellversuch nur zu begrüßen. Ja, es wäre sogar überlegenswert, diesen auf andere Sprachen auszuweiten - je nachdem, welchen Bedarf die einzelnen Schulen haben. Bei vielen spanischsprechenden Kindern etwa hat Französischunterricht wenig Sinn. Einen Haken hat die Sache: Bilingualer Unterricht in Englisch oder Französisch darf sich nicht nur auf die Grundschule beschränken. Die Kinder, die von der ersten bis zur vierten Klasse bereits eine Fremdsprache gelernt haben oder diese sogar als Muttersprache beherrschen, müssen auch auf den weiterführenden Schulen intensiv gefördert werden. Dazu gibt es einzelne Überlegungen, der große Wurf aber steht noch aus und sollte bald kommen - im Interesse von Eltern, Lehrern und Schülern.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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