Kommen & Gehen:"Es ist toll zu sehen, wie so viele Kulturen aufeinandertreffen"

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Magnus Textor nimmt Musiker und Bands für die Plattenfirma Universal unter Vertrag - diese Arbeit fällt ihm in Berlin leichter als in München

Protokoll von Michael Bremmer, München/Berlin

Magnus Textor, 26, arbeitet im Musikbusiness. Seine Aufgabe ist es, Musiker und Bands für eine Plattenfirma unter Vertrag zu nehmen. Früher hat er die Bands für das Label Sony Music entdeckt, das noch seinen Sitz in München hat. Mittlerweile arbeitet Textor für Universal in Berlin, das andere große Label in Deutschland.

SZ: Was hat Berlin, was München nicht hat?

Magnus Textor: Erschwingliche Mieten. Supermärkte, die sieben Tage lang 24 Stunden geöffnet haben. Und meine Verlobte wohnt hier. Ein Großteil der Menschen, mit denen ich arbeite, sitzt in Berlin oder kommt an der Hauptstadt nicht vorbei. Spätestens nach der Brexit-Diskussion fühlt sich Berlin für mich wie eine kleine Hauptstadt Europas an, die Stadt ist noch einmal ein Stück internationaler geworden. Ich finde es toll zu sehen, wie so viele unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen.

Ist es einfacher, in Berlin eine Band zu entdecken als in München?

Ich arbeite mittlerweile viel mit internationalen Künstlern. Und diese spielen eher mal ein Showcase in Berlin, bevor sie in irgendeiner anderen deutschen Stadt spielen. Das gleiche gilt für sonstige Veranstaltungen der Musikbranche. 90 Prozent davon finden in Berlin statt. Natürlich: Es gibt einige Künstler, die gut ohne Berlin auskommen, in meinem Bereich bietet die Stadt in Deutschland aber am meisten Vorteile.

Zuvor haben Sie von München aus gearbeitet.

Da musste ich dafür häufig nach Berlin fliegen. Das geht auch. Es macht mir jetzt aber mehr Spaß.

Welche Spuren haben Sie in München hinterlassen?

Ich war vor Kurzem in meiner alten Schule, dem Pestalozzi Gymnasium. Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so viel Freude bereitet, dort noch einmal über die Gänge zu schlendern. Ich war damals der erste G 8-Jahrgang, die Lehrmittel kamen meist pünktlich zum Zwischenzeugnis, weil das Ministerium mit dem Lehrplan und den neuen Büchern nicht hinterhergekommen ist. Deshalb stehen in den Schulbüchern auf der ersten Seite, wo die Besitzer der Bücher eingetragen sind, meist die Namen meiner ehemaligen Klassenkameraden.

Magnus Textor muss häufig auf Konzerte gehen. Bands spielen eher mal ein Showcase in Berlin als in München. (Foto: Privat)

Sind das die einzigen Spuren?

Ich war Schülersprecher und auf jeder Demo gegen das G 8 dabei. Auch als Ludwig Spaenle ( der ehemalige Bayerische Staatsminister für Bildung und Kultus, Anm. d. Red.) damals die Tomate abbekommen hat am Odeonsplatz. Mittlerweile gibt es auf der Schule den letzten G 8-Jahrgang. Ich bezweifle, dass das Kultusministerium unseren Protest von damals erhört hat. An Frontalunterricht und überfüllten Schulklassen wird sich auch im G 9 nichts verändern. Wir haben es damals zumindest versucht, vielleicht ist ja ein bisschen was hängen geblieben.

Was nehmen Sie aus München mit?

Materiell? Ich besitze nicht viel. Eine Ikea-Couch, die ich in meiner ersten WG bei Ebay-Kleinanzeigen für 20 Euro erstanden habe, und meine Klamotten. Mein einziger Besitz mit Wert ist ein Motorrad, eine Triumph Bonneville, die ich in einer abenteuerlichen Fahrt von München nach Berlin überführt habe.

Und ideell?

Ich habe München meist als sehr weltoffen und herzlich wahrgenommen, das kann ich in Berlin auch gut gebrauchen.

Was werden Sie an München vermissen?

Das Voralpenland vermisse ich mit Abstand am meisten. Wir haben früher immer Urlaub am Kochelsee gemacht. Das ist für mich der schönste Fleck der Erde. In den vergangenen Jahren bin ich immer mit der Triumph rausgefahren. Das Motorradfahren ist im Voralpenland einfach was anderes als in Brandenburg. Dann vermisse ich natürlich auch meine Familie, ich habe sechs Geschwister und meine Mom, die in München leben. Auch deswegen wird mich München wohl nie ganz loswerden.

Drei Gründe, warum Sie froh sind, nicht mehr in München zu leben ...

Horst Seehofer. Der Lacoste-Store, wo früher mein Lieblingsclub, das Atomic Café, war. Und die U 4 zur Wiesn-Zeit, die am Morgen auf dem Weg zur Arbeit noch nach Bierzelttoilette duftet.

Was werden Sie als erstes tun, wenn Sie zu Besuch in München sind?

Ich gehe ins Lindwurmstüberl und bestelle mir Kässpatzen.

Was sind Ihre Lieblingsfotomotive von München, die Sie sicher nicht von Ihrer Kamera löschen werden?

Die Bilder vom Flunkyball spielen am Flaucher, als ich 16 geworden bin. Fotos meiner alten Simson S 50, vor dem Felsenweg am Kochelsee. Und verwackelte Selfies vom "Power Tower" auf dem Oktoberfest.

© SZ vom 17.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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