Kochbücher aus München:Ran an die Nuss!

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Zwischen Platzl und Tantris köcheln nicht wenige hochdekorierte Köche Schaumsüppchen und Sanddornsorbets. Heute: Holger Strombergs Plädoyer für die gesunde Küche.

Christina Warta

Und jetzt die Säge! Die Säge? Da steht man in der Küche bei der Zubereitung eines Müslis, um sich herum all die Päckchen mit Roggen- und Haferflocken, Cashew- und Pinienkernen, Rosinen und Aprikosen. Doch zuerst muss man die Kokosnuss knacken. Schließlich erklärt Holger Stromberg in seinem Kochbuch, warum es eben nicht die praktischen Kokosraspeln aus dem Supermarkt sein können: "Die Mühe lohnt sich", schreibt er, "frisch bereitete Kokosflocken schmecken ungleich besser als gekaufte."

Qualität ist das Wichtigste für Holger Stromberg - bei den Zutaten, aber auch bei Küchengeräten. (Foto: Foto: rob)

Nur sie genügen den Ansprüchen des Sternekochs, weswegen bei der Bereitung des Müslis erst einmal eine Kokosnuss geschlachtet, geraspelt und anschließend sanft geröstet werden soll.

Man gibt es offen zu: Schon an der ersten Herausforderung dieses Rezepts ist man gescheitert. Es fand sich in der Werkzeugkiste auf die Schnelle nämlich keine Säge, die die Nuss doch noch erfolgreich aufgeschlitzt hätte - was den späteren Genuss aber nicht verhindern konnte. Das Strombergsche Müsli ist, mal abgesehen von der Kokosnuss, kein übermäßig großer Aufwand und schlägt jede Fertigmischung um Längen.

Holger Stromberg ist Küchenchef im "G Munich" in der Geyerstraße, für die New York Times war dessen innovative Küche erst kürzlich ein Beleg dafür, dass München "Germany's hot spot of the moment" sei. Doch Stromberg kocht nicht nur in seinem eigenen Lokal, sondern schwingt auch für die Fußball-Nationalmannschaft den Kochlöffel.

Strombergs Rezepte sind womöglich nichts für jene Hobby-Köche, die ihren Gästen anstelle einer Brokkolisuppe lieber einen "Cappuccino von Brokkoli" servieren. Wer Spaß an der Zubereitung von Gerichten hat, bei denen allein der Einkauf der Zutaten schon zwei Tage ausfüllt, muss sich Strombergs Kochbuch nicht unbedingt in den Schrank stellen. Stattdessen kann man das Buch als alltags-tauglich im besten Sinn bezeichnen. Es enthält Rezepte mit unterschiedlich hohen Ansprüchen: Für die Vollkorn-Penne mit gemischten Pilzen zum Beispiel hat man vermutlich fast alle Zutaten im Kühlschrank - sie sind in einer Viertelstunde fertig. Was nicht heißt, dass nicht getüftelt wird: Für andere Gerichte muss man sich auf die Suche nach Kafirlimettenblättern, asiatischem Süßwein oder Krustentierfond begeben.

Eines haben all die Gerichte jedoch gemeinsam: Sie sind fast schon unheimlich gesund. Die Schnittlauch-Zucchini-Quiche ist zweifellos eine Vitamin- und Energiebombe, ebenso der Hühnchensalat mit Szechuanpfeffer, Gurke und Limone oder die Brunnenkresse-Schaumsuppe.

Stundenlang Geschmortes findet man kaum, auch übermäßige Beigaben von Butter oder Öl sucht man vergebens. Stattdessen ist Stromberg ein Freund des schonenden Niedertemperaturgarens und predigt, dass ein Koch sein Geld nicht für angeblich unverzichtbare Gerätschaften ausgeben soll, sondern lieber für hochwertige Zutaten. Über diesem gesunden und auch schön gemachten Kochbuch hat man am Ende tatsächlich eines wieder vergessen: dass sich Herr Stromberg im Vorwort als Schalke-Fan geoutet hat.

Holger Stromberg: Pure Cooking. Collection Rolf Heyne. 29,90 Euro.

© SZ vom 31.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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