Kochbücher aus München:Der obligatorische Schnaps

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Wer die Rezepte von Nockherberg-Koch Andreas Geitl nachkochen will, muss mit einer langen Einkaufsliste rechnen - und darf weder Kalorien zählen noch abstinent leben wollen. Aber schmecken tut's.

Christa Eder

Zuerst die Pluspunkte: Die Mengenangaben stimmen, die Anleitung ist auch für Laien verständlich geschrieben, und geschmeckt hat es ebenfalls. Auch an der Aufmachung gibt es nichts zu mäkeln. Die Gerichte sind nach Jahreszeiten eingeteilt sowie optisch ansprechend fotografiert.

Hat eine ziemlich breite Definition von bayerischer Küche: Nockherberg-Koch Andreas Geitl. (Foto: Foto: oh)

Doch wer den Titel "Genial bayerisch! Traditionelle Küche - einfach und raffiniert" wörtlich nimmt, wird enttäuscht. Wobei wir bei den Minuspunkten wären. Denn die Rezepte, die Nockherberg-Koch Andreas Geitl zusammengestellt hat, sind ausgeklügelt, aber nur bedingt bayerisch und selten einfach.

Allein die vielen Zutaten - unter 15 pro Gericht geht gar nichts. Wer die Schokoknödel mit Rhabarberkompott nachkocht, braucht 26 Zutaten, unter anderem Kokosflocken, Sternanis, Mandelgrieß, Vanille- und Zimtstangen, Schokotrüffel, Puddingpulver, Vanillesoße, Amarettini, Weißwein. Abgesehen davon, dass man dafür mindestens einen halben Tag in der Stadt herumkurvt - zu viele intensive Aromen erschlagen sich gegenseitig.

Keine Diätküche

Der Rahmspargel mit verlorenem Ei hat uns auch ohne teures Trüffelöl und Sherry geschmeckt, und irrsinnig bayerisch sind die beiden Essenzen auch nicht - ebenso wenig wie der Kokos-Curry-Cappuccino, die Teespaghetti mit gebratenen Garnelen oder die Lachsforelle in Safran-Prosecco.

Dass die bayerische Küche keine Diätküche ist, ist bekannt, aber 140 Gramm Butter, 100 Gramm Crème fraiche und 200 Gramm Sahne in einem Gericht für vier Personen sind schon ziemlich happig - doch es schmeckt natürlich.

Für Kalorienzähler und Menschen mit Alkohlproblemen ungeeignet

Richtig ärgerlich ist, dass Geitl relativ viele Fertigprodukte verwendet. Wer sich stundenlang in die Küche stellt, schneidet, rührt, knetet und Teig ausrollt, will am Schluss keine Fertigsoße über sein Dessert kippen oder seine Soße mit Feinwürzmittel aufpeppen. Das gilt auch für den obligatorischen Alkohol. Kaum ein Gericht, in dem kein Bier, Wein, Sherry, Champagner, Prosecco, Noilly Prat, Grand Marnier oder andere Liköre und Schnäpse vorkommen, teilweise sogar mehrfach und überproportional. Für Familien mit Kindern, Kalorienzähler und Menschen mit Alkoholproblemen ist dieses Buch daher eher ungeeignet.

Am besten ist Geitl, wenn er in der bayerischen Küchentradition bleibt: Die Holledauer Brotsuppe mit gebratenen Zwiebeln schmeckt fast so gut wie bei der Oma, die Kartoffel-Frühlings-Suppe ist schön leicht und fein abgeschmeckt, und die zweierlei Obatzde sind schnell gemacht und schmecken sakrisch gut.

Andreas Geitl: Genial bayerisch! Traditionelle Küche - einfach und raffiniert. Rosenheimer Verlag, 2006. 14,95 Euro.

© SZ vom 31.12.2008/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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