Koalitionsverhandlungen:Zerrissene Partei

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Simone Burger ist seit 2012 Regionsgeschäftsführerin des DGB in München und sitzt seit 2014 im Stadtrat. Sie sollte als SPD-Delegierte zum Parteitag reisen, sagte aber kurzfristig ab. (Foto: Günther Reger)

In der Münchner SPD rumortes nach der Abstimmung in Bonn

Nach den Gesetzen der SPD sollte Simone Burger eine mächtige Frau sein, doch seit dem Wochenende steht sie für die Verunsicherung ihrer Partei in München wie niemand sonst. Burger repräsentiert als Kreisvorsitzende des Gewerkschaftsbundes DGB unter anderem die vielen Mitglieder von IG Metall und Verdi in der Stadt. Dazu soll sie am Freitag wieder zur Regionsgeschäftsführerin gewählt werden und damit im DGB halb Oberbayern vertreten. Burger sitzt zugleich für die SPD im Stadtrat und im Aufsichtsrat der Stadtwerke München. Als Parteimitglied sollte die frühere stellvertretende Bundesvorsitzende der Jusos am Sonntag in Bonn abstimmen, ob es zu Koalitionsverhandlungen mit der Union kommt oder nicht. Aber Simone Burger ging nicht hin.

Warum sie das nicht tat, dazu äußert sie sich nicht. Sie machte auch schon vergangene Woche im Gegensatz zu den anderen Delegierten keine Angaben, wie sie abzustimmen gedenke. Trotzdem entzündete sich an ihr eine heftige Diskussion in der Münchner SPD. Burger soll sich intern in manchem Gespräch rechtfertigen haben müssen, weil sie mit Nein stimmen wollte. Öffentlich wurde sie in einer Mitteilung ihres Bundeswahlkreises Nord aufgefordert, die Stimmung in ihrer Partei und auch die entgegengesetzte Haltung der Gewerkschaften in ihre persönliche Entscheidung einfließen zu lassen. Der Bundestagsabgeordnete Florian Post sagte: "Wer auf dem DGB-Ticket einen Spitzenplatz auf der Stadtratsliste beansprucht, kann das nicht ausblenden, wenn es um eine innerparteiliche Diskussion geht."

Der Druck war möglicherweise zu hoch, heißt es in der Münchner SPD, das habe Burger zumindest angedeutet. Denn nicht nur sie, sondern 80 bis 90 Prozent der Delegierten aus der Stadt wurden dem Lager der Koalitionsgegner zugerechnet. Das entspreche nicht der Stimmung der Genossen in München, erklärten Oberbürgermeister Dieter Reiter und München Chefin Claudia Tausend. Letztlich wuchs nach Parteiangaben die Zahl der Delegierten aus der Stadt wegen diverser Absagen auch aus Oberbayern auf zwölf. Von denen hätten acht gegen Verhandlungen gestimmt, vier dafür. Druck habe es nicht gegeben, hätte aber ohnehin keinen Sinn ergeben, da sich die einzelnen Delegierten schon festgelegt hatten, sagte Tausend am Montag am Telefon.

Später schickte sie noch eine schriftliche Mitteilung. Das bei erfolgreichen Verhandlungen angesetzte Mitgliedervotum böte die Chance, "einerseits Klarheit über die Position der SPD insgesamt zu schaffen und andererseits die beiden Lager in der Partei zu befrieden und wieder zusammen zu führen". Bei zumindest einigen Delegierten ging in der Zwischenzeit eine SMS ein mit der Bitte, doch keine Einzelgespräche mit Journalisten zu führen. Man habe der Mitteilung der SPD nichts hinzuzufügen, erklären einige später auf Anfrage. Warum Simone Burger tatsächlich nicht gefahren ist, dazu gibt es keine offiziellen Aussagen. An der Sitzung ihrer Stadtratsfraktion am Montag nehme sie gerade teil, sagte ein Sprecher. Er werde die Rückrufbitte überbringen.

© SZ vom 23.01.2018 / heff - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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