Kleine Erfolge:Ein Frage der Gelegenheit

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Die Opposition hat nicht viel zu melden - doch manchmal bietet sich eine Chance, die große Koalition zu ärgern

Von Dominik Hutter, München

Eines kann man der zersplitterten Rathaus-Opposition nicht vorwerfen: Dass sie über mangelnden Unterhaltungswert verfügt. Parteiwechsel, Umbenennungen und Neuformierungen haben sich in der laufenden Amtsperiode zum echten Knaller entwickelt.

Das Wichtigste in Kürze: Die Piraten gibt es im Münchner Stadtrat nicht mehr. Die Fraktion Freiheitsrechte-Transparenz-Bürgerbeteiligung hat ihren sperrigen Namen abgelegt und heißt neuerdings FDP-Hut. Die AfD wurde zu Alfa und später zu den Liberal-konservativen Reformern. Die Fraktion Bürgerliche Mitte hat sich getrennt, dafür stellt die bei der Kommunalwahl mit mageren 0,9 Prozent gesegnete Bayernpartei nach diversen Übertritten nun fünf Stadträte. Die Freien Wähler hingegen, die 2014 immerhin 2,7 Prozent hatten, verfügen nur noch über ein Mandat.

Die Schlagkraft der Opposition steht ein wenig im Gegensatz zu diesen parteipolitischen Hyperaktivitäten. Letztlich wird in den Fraktionsräumen von SPD und CSU entschieden, was im Rathaus läuft - bei einer großen Koalition haben es die kleinen Parteien immer ein wenig schwer. Nur selten gibt es Gelegenheit, bei einem Koalitionsknatsch den Steigbügelhalter für eine der beiden Seiten zu geben. Diese Rolle wird dann, was völlig legitim ist, dankbar angenommen. Wirklich viel zu melden hat die Opposition aber nicht.

Zur Halbzeit kann man aber sagen: Anders als zu Beginn der Amtsperiode haben sich die meisten Oppositionellen in ihrer Rolle gefunden und sind mit Engagement dabei. Vor allem die Grünen haben in den letzten Monaten spürbar zugelegt und ärgern die Großkoalitionäre immer wieder mit durchaus geschliffenen und zugespitzten Reden. Gemeinsam mit der ÖDP und diversen Initiativen schmiedeten sie ein Bündnis zur Luftreinhaltung, das der Rathausmehrheit offenbar gefährlich genug erschien, um dessen Ziele in die "Regierungspolitik" zu übernehmen. Ob das konkrete Folgen hat, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber immerhin haben es zwei Oppositionsparteien geschafft, eigene Wünsche in den Luftreinhalteplan zu schmuggeln. Höchst umstritten sind die Theorien der ÖDP, wann man das Kohlekraftwerk im Münchner Norden abschalten kann. Die Partei hat es aber geschafft, das Thema ständig am Köcheln zu halten.

Freilich gibt es auch in der Opposition eine Hackordnung. Am Allerwenigsten zu melden hat der rechtsradikale Stadtrat von der Bürgerinitiative Ausländerstopp. Karl Richter gilt im Rathaus als Paria - was angesichts seiner erwartbaren und für viele nervtötenden Hassthesen nicht weiter erstaunlich ist. Aber auch die Ausführungen der beiden Liberal-Konservativen Reformer stoßen bei den wenigsten Stadtratskollegen auf echtes Interesse. Die Bayernpartei ist tagesformabhängig, markante Initiativen oder Aussagen kommen aber so selten vor, dass sich die Reden nicht gerade als Straßenfeger eignen. Ganz anders sieht es bei der FDP und vor allem deren Fraktionsvorsitzendem Michael Mattar aus, der zwar schon einmal mehr auffiel als heute, stets aber für ungewöhnliche Einschätzungen gut ist. Oder bei Brigitte Wolf von den Linken, die zu den akribischsten Arbeiterinnen im Rathaus zählt und auch von Gegnern menschlich geschätzt wird.

© SZ vom 20.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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