Klassik:Bewegt und bewegend

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Das "Pacifica Quartet" überzeugt im Herkulessaal

Von Harald Eggebrecht, München

Es gibt keinen Trost nach einem sinnlosen Unglück. Brandon Vamos, Cellist des exzellenten amerikanischen Pacifica Quartet (Simin Ganatra, Sigurbjörn Bernhardsson, Violinen, Masumi Per Rostad, Viola), widmete den Abend jenen Familien, deren Angehörige in den französischen Alpen abgestürzt sind. Diese anrührende Geste des Mitgefühls und der Empathie teilte sich vor allem in Felix Mendelssohn Bartholdys letztem Quartett op. 80 und Dmitri Schostakowitschs 9. Quartett unmittelbar bewegend mit. Die Pacificas musizierten da mit einer dunklen Inständigkeit, einer wilden Unruhe und einer schonungslosen Schmerzlichkeit, die tiefe Blicke in die Bitternis und Abgründigkeit dieser Musiken eröffnete.

Mendelssohn schrieb sein erschütterndes Quartett unter dem unheilbaren Eindruck vom Tod seiner Schwester Fanny. Nirgendwo gibt es da in der verzweifelten Ruhelosigkeit ein Entkommen in Idylle oder Tröstlichkeit. Jeder Moment von Rast wird aufgebrochen, jedes Innehalten als trügerisch verscheucht. Die existenzielle Atemlosigkeit dieses Stückes wurde zum Ereignis. Danach Schostakowitschs Werk von 1964: schwermütiges Brüten, sich grell steigernde Marschanfälle und jene düstere Heftigkeit, die bis ins Fortissimo ausweglos nach Auswegen sucht. Auch hier packte das Pacifica Quartet mit der Dichte seiner gedeckten Klangfarben, der Unnachgiebigkeit in der musikalischen Auseinandersetzung und der heißen Leidenschaft in der Darstellung dieser Musik der Vergeblichkeit. Für Beethovens zweites "Razumowsky"-Quartett op. 59, 2 hatten die Künstler dann vielleicht nicht mehr jene unbedingte Konzentration, um die kunstvolle Zerrissenheit und Streitlust des ersten Satzes, die großflächige melodiöse Vernetzung des Molto adagio, die hintergründige Vertracktheit des Allegrettos und die provozierende Virtuosität des Finales ganz zu erfüllen. Trotzdem war es eine stets anregende und in den besten Momenten überzeugende Aufführung. Großer, herzlicher Beifall.

© SZ vom 26.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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