Kinderbetreuung:München kämpft gegen den Kita-Notstand

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Der Mangel an Erzieherinnen ist in München besonders schlimm. Jetzt versucht die Stadt, Personal mit günstigen Wohnungsangeboten zu locken. Doch Besserung ist noch lange nicht in Sicht.

Sven Loerzer und Katja Riedel

Der Mangel an Erzieherinnen wird München mit voller Härte treffen: Nach jetzigem Stand fehlen in den kommenden drei Jahren rund 1500 Kita-Kräfte - etwa 1034 Erzieher und 443 Kinderpfleger. Das Referat für Bildung und Sport hat diese Zahlen für eine Stadtratsvorlage zusammengetragen: Demnach waren zum 1. März knapp fünf Prozent der Erzieherstellen im Bereich Kita nicht besetzt. Ähnlich schwierig ist die Situation für Kitas der großen Wohlfahrtsorganisationen und privater Betreuungsunternehmen.

Bis die Wünsche der Eltern nach Betreuung alle erfüllt sein werden, kann es nach Meinung der SPD noch bis 2020 dauern. (Foto: dpa)

Der Erziehermangel ist kein Münchner, sondern ein westdeutsches Phänomen. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, die vor allem die bestehenden Daten der Statischen Landesämter und des Bundesamtes auswertet, fehlen im kommenden Jahr in Bayern 3400 Erzieher; bundesweit seien es 15.000, heißt es im "Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme".

Gefragt sind die Erzieher vor allem deshalb, weil Eltern von August kommenden Jahres an für jedes Kind nach dem ersten Geburtstag einen Betreuungsplatz fordern können und deshalb überall in Deutschland neue Einrichtungen gebaut werden. Diesen Rechtsanspruch zu erfüllen, dürfte auch München schwerfallen, obwohl die Landeshauptstadt besser dasteht als andere Kommunen. Städte wie München müssen damit rechnen, dass mehr als jedes zweite Elternpaar einen Krippenplatz vor dem Kindergartenalter in Anspruch nimmt.

Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) glaubt allerdings, dass München erst 2020 jeden Elternwunsch erfüllen kann. Für den Ausbau fließen bis 2015 zwar insgesamt mehr als 400 Millionen Euro städtische Zuschüsse. Doch diese Summe verfehlt ihre Wirkung, wenn es nicht gelingt, genügend Erzieher für Münchner Einrichtungen zu gewinnen. Innerhalb Münchens konkurriert das Bildungsreferat mit den freien und privaten Träger um jeden einzelnen Erzieher. Um die Stadt als Arbeitgeber attraktiver zu machen, prüft das Personalreferat, welche finanziellen Anreize Berufsanfängern bekommen können - etwa eine schnellere Beförderung als bisher.

Derzeit zahlt die Stadt Einsteigern inklusive Münchenzulage 2479 Euro monatlich. Die Stadt will nun ein attraktiverer Arbeitgeber werden - unter anderem durch eine Platzgarantie für eigene Kinder von Erzieherinnen, die nur den halben Preis zahlen müssten. Die Kandidaten sollen mit günstigen städtischen Wohnungen gelockt werden, heißt es in der Vorlage, die der Stadtrat am kommenden Mittwoch behandelt. Um den Erziehermangel zu bekämpfen, will die Stadt die Teilzeitkräfte motivieren, ihre Stundenzahl zu erhöhen. Ältere Erzieherinnen sollen motiviert werden, in den Beruf zurückzukehren.

Außerdem sollen vermehrt Kräfte aus dem Ausland angeworben sowie Quereinsteiger umgeschult werden. Die Innere Mission macht den Anfang: Sie stellt zum September zehn Griechinnen ein. Derzeit prüfe die Stadt monatlich etwa 50 Anträge auf Anerkennung, die Anfragen seien zuletzt stark gestiegen. Mit Weiterbildung lockt die Caritas: "50 Erzieher und Kinderpfleger könnten wir sofort einstellen", sagt Caritas-Vorstand Wolfgang Obermair. Ob der künftige Bedarf angesichts hoher Lebenshaltungskosten zu decken sein wird, hänge davon ab, "wie es gelingt, in Ballungsräumen tariflich Akzente zu setzen". Auch müssten mehr Erzieher ausgebildet werden: Daher sei es völlig unverständlich, dass der Freistaat die Kosten der Ausbildung bisher auf Schulträger und Auszubildende abwälze. Zuschüsse zahlt das Land an neue Fachakademien erst ab dem dritten Ausbildungsjahr.

© SZ vom 20.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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