Kids digital:Walross mit Taktgefühl

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In der App "BandDings" macht sich das Walross Rose auf die Suche nach anderen tierischen Musizierpartnern. (Foto: Dodings)

Jury bewertet Apps und Spiele, die für Kinder geeignet sind

Von Marco Wedig

Den Weltfrieden lassen die Kinder rechts liegen, an musizierenden Walrössern und autofahrenden Matrosen rennen sie vorbei. Das Ziel: der Weltraum. Dort ist das Computerspiel "Astroneer" verortet. Am Donnerstag wurde es mit dem Pädagogische Medienpreis ausgezeichnet. Auf dem Medienparcours, der nach der Preisverleihung für das größtenteils aus Kindern bestehende Publikum geöffnet wurde, erfreute sich "Astroneer" der größten Beliebtheit - womöglich weil es unter den prämierten Spielen am aufwendigsten produziert ist.

Auch wenn es auf der Grafik-Engine des Ballerspiels "Unreal" beruht, wird in diesem Spiel nicht gekämpft. Stattdessen gilt es in einer fernen Zukunft noch fernere Planeten zu erkunden und zu bewirtschaften. Aufbauen statt zerstören. Galten digitale Spiele lange Zeit als verblödender Zeitvertreib, setzt sich langsam der Konsens durch, dass auch die Menschen, die gerne am Computer oder am Smartphone zocken, etwas dabei lernen können. Doch welche Spiele sind wirklich empfehlenswert? Die Facheinrichtung SIN - Studio im Netz will mit der Verleihung des Pädagogischen Medienpreises "eine Orientierungshilfe im digitalen Dschungel" sein. Seit 20 Jahren verleiht sie den Medienpreis. Dieses Jahr erhielten ihn insgesamt 15 digitale Angebote, die sich speziell an Kinder und Jugendliche richten. Für die Zwei- bis Elfjährigen empfehlen die pädagogischen Fachleute dieses Jahr vor allem lehrreiche Apps fürs Smartphone oder Tablet, darunter zum Beispiel das liebevoll gestaltete "BandDings". In dieser App macht sich das Walross Rose auf die Suche nach anderen tierischen Musizierpartnern. Die App ermögliche kleinen Kindern eine ungezwungene Auseinandersetzung mit Musik, hieß es in der Begründung der Jury, deren Mitglieder in den Bereichen Bildung, Erziehung, Medienpädagogik und Jugendmedienschutz arbeiten. Es sind allerdings nicht nur Erwachsene, die an der Preisvergabe mitwirken: Schon beim Einholen der Vorschläge werden Kinder und Jugendliche im Zuge von medienpädagogischen Projekten einbezogen. Später testen und bewerten Gleichaltrige die vorgeschlagenen Produkte. Diese Einschätzungen fließen in die Jurysitzung ein.

Die ausgezeichneten Apps verfolgen unterschiedliche Lernkonzepte. So regt die ausgezeichnete App "Fiete Cars", in der sich junge Spieler ihre Rennpiste selbst zusammenzimmern können, die kindliche Kreativität an, genauso wie das Storytelling-Tool "Knietsches Geschichtenwerkstatt". Das mittelalterlich angehauchte "Thinkrolls: Kings & Queens" fördert hingegen das logische Denkvermögen. Für Kinder ab neun Jahren eignet sich zudem die App "Swift Playgrounds". Auf spielerische Weise vermittelt sie die Grundlagen des Programmierens, indem lustig aussehende Aliens per Code durch eine 3D-Welt geleitet werden. Wobei nicht verschwiegen werden sollte, dass es sich bei Swift um die Programmiersprache von Apple handelt. Das kalifornische Unternehmen nutzt das Spiel gezielt, um seine eigene Sprache zu verbreiten. Lehrreich ist das Ganze dennoch. Neben vielen Apps wurde auch eine Website für Kinder ausgezeichnet: www.kinderweltreise.de - ein interaktiver Atlas, der zum Beispiel Informationen über die kanadische Tierwelt und Rezepte sogar aus der georgischen Küche bereithält.

Zwar kommt auch bei den gewürdigten Angeboten für Jugendliche der Spielspaß nicht zu kurz, und doch wird hier der Versuch unternommen, ernste Themen unterhaltsam zu vermitteln. So zum Beispiel in der interaktiven Graphic Novel "Ninette - Dünn ist nicht dünn genug", die sich dem Thema Essstörungen widmet. In eindrucksvollen Bildern wird die Geschichte von Janette erzählt, die sich mehr und mehr an den Rundungen ihres Körpers stört. Das Projekt wurde fachlich unter anderem vom ANAD Versorgungszentrum Essstörungen in München begleitet. Die Informationen zur Magersuchtprävention werden in die Story eingewoben, aber nicht mit dem Vorschlaghammer präsentiert. Ähnlich verhält es sich im Spiel "Serena Supergreen und der abgebrochene Flügel", das zur Berufsorientierung im Bereich der erneuerbaren Energien dienen soll.

Die meisten Gäste der Preisverleihung kamen aus Münchner Kindertagesstätten. Sie konnten eher wenig mit der ebenfalls ausgezeichneten Website No-Hate-Speech.de anfangen. Auf deren Homepage prangt in großen Lettern "Weltfrieden, online." Die dahinterstehende Kampagne informiert darüber, wie Hasskommentaren rechtlich und kommunikativ begegnet werden kann. Und vielleicht trägt ja auch das gemeinsame Spielen zum Weltfrieden bei. Bei dem Spiel "12 Orbits" zum Beispiel können gleich zwölf Spieler auf einmal an einem Gerät spielen. Da soll noch einmal einer sagen, Computerspiele würden einsam machen.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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