Keramikfund:Erdinger Geschichte muss umgeschrieben werden

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Aufschlussreicher Keramikfund in Oberding: Der Archäologe Harald Krause entdeckt Scherben, die zeigen: Sesshafte Ackerbauern waren schon vor mehr als 7000 Jahren im Landkreis.

Antonia Steiger

Erding Einem ahnungslosen Spaziergänger wären die Scherben vermutlich nicht aufgefallen. Doch was der Archäologe Harald Krause Mitte März in Oberding gefunden hat, erfordere eine neue Geschichtsschreibung des Erdinger Landes, wie er sagt: Die Fundstücke aus der Zeit der Linienbandkeramik beweisen, dass es vor mehr als 7000 Jahren sesshafte Ackerbauern im Landkreis gegeben hat.

Interessanter Fund in Erding: Krause hat Scherben entdeckt. (Foto: Foto: Krause)

Mit diesem Fund wird eine Forschungslücke geschlossen: Zwar sei anzunehmen gewesen, dass die ersten sesshaften Ackerbauer und Viehzüchter vor 7000 bis 7200 Jahren den fruchtbaren Lössboden beackert haben, sagt Harald Krause. Der Beweis dafür stand bislang jedoch aus.

Seit 15 Jahren geht der 33-jährige Harald Krause über die Felder. Die Archäologie sei seine Leidenschaft, sagt er. Er hat sie auch zu seinem Beruf gemacht. Die systematischen Felderbegehungen, die ihn nach Oberding geführt haben, sind jedoch Teil der Doktorarbeit über die "Keltische Besiedlungsgeschichte im Landkreis Erding". Dieser Fund habe mit der Doktorarbeit aber nichts zu tun, sagte er. Es sei ein "Zufallsfund", wenn auch ein immens wichtiger.

Bisher ging die Geschichtsforschung laut Krause davon aus, dass die ersten Funde menschlicher Siedlungstätigkeit im Landkreis aus der Zeit um 4200 vor Christus, der Münchshöfener Kultur, stammen. Er habe nun an mehreren Stellen in Oberding den Nachweis einer Besiedlung zur Zeit der Linienbandkeramik erbringen können, schreibt Krause. Die Keramikscherben und Feuersteingeräte sind ihm zufolge etwa 7000 bis 7200 Jahre alt. Er hat sie dem Denkmalamt vorgelegt, später sollen sie im Museum Erding zu sehen sein.

Wie Krause sagt, müssen die Geschichtsbücher nun "um eine weitere, kulturgeschichtlich hochinteressante Facette ergänzt werden". Es sei nun bewiesen, dass hier vor etwa 7500 Jahren "der für die Menschheitsgeschichte einschneidende Wandel von der jagenden hin zur sesshaften Lebensweise" stattgefunden habe. Die ackerbauende und viehzüchtende Lebensweise breitete sich aus dem Zweistromland über Anatolien donauaufwärts bis nach Mitteleuropa aus. Die ersten Bauern bevorzugten äußerst fruchtbare und leicht zu bearbeitenden Lössböden, angebaut wurde Einkorn, Emmer, Ackerbohne und Schlafmohn. An Vieh wurde Rind, Schaf, Ziege und Schwein gehalten und weitergezüchtet.

Das bisher bekannte Siedlungsgebiet der Linienbandkeramik endete an der Nord- und Ostgrenze des Landkreises, zahlreiche Fundstellen aus dem südlichen Landkreis Freising sind bekannt. Durch die Funde aus Schwaig und Niederding liegen nun auch für den Raum Erding Nachweise einer linienbandkeramischen Besiedlung vor. Das bisher bekannte Verbreitungsgebiet der ersten Ackerbauern Bayerns erweitert sich damit laut Krause um etwa zehn Kilometer in südwestlicher Richtung. Entlang der Lössterrasse von Finsing bis Eitting seien weitere Siedlungsstellen zu erwarten, schreibt Krause. Der jetzige Nachweis unterstreiche "die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit unserem reichen prähistorischen Erbe, das verborgen und geschützt als Geschichtsquelle im Boden ruht", sagt Krause.

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