Keine Vogelgrippe-Panik:Die Hendl-Küche bleibt nicht kalt

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Münchens Wirte merken nichts von der Grippe-Hysterie - nur die Wienerwald-Filialen verkaufen weniger Grillhühner.

Astrid Becker

Die Münchner lassen sich von den vielen Horrormeldungen über die drohende Vogelgrippe offenbar wenig schrecken. Während in anderen Städten die Verbraucherzentralen mit Anrufen bombardiert werden, halten sich Anfragen in München in Grenzen.

Die Münchner lassen sich ihr Hendl weiterhin schmecken. (Foto: Foto: Reuters)

Auch die meisten Wirte sehen bis jetzt keinen Anlass, ihre Speisekarten zu ändern. Offenbar aus guten Grund: Bis auf wenige Ausnahmen haben sie noch keine Umsatzeinbrüche zu verzeichnen.

"Diese aufgebauschten Berichte in den Boulevardblättern sind doch nur reine Panikmache", schimpft der Geschäftsführer des Bayerischen Hotel-und Gaststättenverbands (BHG), Andreas Ellmaier.

Die Fakten sprächen eine "klare Sprache", meint er: "Zum einen ist die Vogelgrippe noch gar nicht da, und selbst wenn Geflügel infiziert wäre, wird es bei deutlich mehr als 70 Grad Celsius gegart. Bekanntermaßen tötet das den Erreger ab. Also was soll das Ganze eigentlich?"

Die meisten der im Verband vertretenen Wirte hätten daher bis jetzt ihre Speisekarte nicht umgestellt. Auch der BHG werde vorerst nicht auf die drohende Gefahr reagieren: "Warum auch? Es gibt keinen Grund für die Angst."

Ähnlich sieht das auch Martin Kolonko von der Gastronomie-Gruppe ROK. "Jährlich sterben vier- bis sechstausend Menschen in Deutschland an der Influenza. An der Vogelgrippe sind bis jetzt weltweit 60 Leute gestorben - das sollte man einfach mal in Relation sehen."

In den Lokalen seiner Gruppe - Speisecafé Forum, Wirtshaus in der Au, Straubinger Hof und Wirtshaus Zur Brez'n - hätten die Küchenchefs bis jetzt keine Veränderungen in der Menge an verkauften Geflügelgerichten festgestellt: "Unsere bayerischen Enten werden noch genauso häufig bestellt wie unsere Chickenburger oder unsere Caesar-Salate mit Putenbrust."

Kolonko will aber von Einbrüchen im Einzelhandel erfahren haben: "Mir scheint, die Leute haben mehr Angst davor, das Geflügel selbst zuzubereiten als es im Wirtshaus zu essen."

Auch auf die asiatische Küche scheint die Vogelgrippen-Gefahr bis jetzt noch wenig Auswirkungen zu zeigen. Das hat einen einfachen Grund: Traditionell bieten viele asiatische Restaurants ihre Gerichte nicht nur mit Geflügel, sondern alternativ mit Rind, Schwein oder gar Fisch an.

Wer das bisher nicht getan hat, stellt nun um. Kalchana Thammarao von der Thai-Garküche Kaimug in den Fünf Höfen sagt: "Zur Zeit bieten wir vorsorglich auch Alternativen mit Rindfleisch oder Garnelen an. Aber geändert hat sich bei uns nicht viel. Die Leute fragen zwar nach, aber nicht mehr. Unsere Hähnchen kommen ja aus Brasilien, und das ist schließlich die andere Richtung."

Einzig im Wienerwald spürt man die Veränderung. Günter Steinberg, Schwiegersohn von Wienerwald-Gründer Friedrich Jahn und noch heute neben dem Hofbräukeller im Besitz von drei Hendl-Restaurants, beklagt massive Umsatzeinbrüche: "Der Straßenverkauf, vom Grillhendl dominiert, ist um die Hälfte zurückgegangen."

Für Steinberg ist da hart, zumal er in Kürze ein viertes, eigenes Wienerwald-Lokal eröffnen will. "Kein gutes Timing", meint er, "die ganze Hysterie geht einem wirklich an den Lebensnerv". Dabei versichert der Herr der Hendl, dass "wir unsere Vögel bei 250 Grad grillen, da geht jeder Erreger kaputt". Aber, so stöhnt er, "erklären Sie das mal den Leuten, sie hören nicht hin."

© SZ vom 31. Oktober 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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