"Total digital" vom 22. Januar:
Das ist mediales Steinzeitalter an den bayerischen Mittelschulen! Als Klassenlehrerin einer 8. Klasse des Mittlere-Reife-Zuges (M-Zuges) an der Mittelschule habe ich mit großem Erstaunen Herrn Spaenles Aussage gelesen, dass das Kultusministerium seit Jahren in den Schulen Informatik und Medienbildung vorsieht, jedoch nur wenige Schulen dies umsetzen. Schuld daran seien oft die Lehrer, die noch eine Scheu hätten, digitale Medien wie Tablets in den Unterricht einzubauen.
Es sind also wieder einmal wir Lehrer, die schuld daran sein sollen, dass die Schule im medialen Steinzeitalter lebt. Dem muss ich aufs Schärfste widersprechen. Seit Jahren weisen wir Mittelschul-Lehrer immer wieder auf die Versäumnisse im Bereich neuer Medien hin, leider bisher ohne Erfolg: So stehen in der Schule quantitativ viel zu wenige Computer zur Verfügung, um allen Klassen einen regelmäßigen Zugang zu ermöglichen. In den Klassenräumen gibt es keine Schulcomputer; realitätsnaher Unterricht wird dadurch garantiert, dass Lehrer und Schüler über ihre eigenen, also privaten Handys, Tablets und Laptops Informationen abrufen wie zum Beispiel den aktuellen Tages-Ölpreis ermitteln oder die Wahl des Bundespräsidenten online verfolgen. Wir Lehrer haben also keine Scheu, die neuen Medien sinnvoll einzusetzen!
Ein weitaus größeres Problem besteht darin, dass ein Großteil der Mittelschüler ab der 8. Jahrgangsstufe schlichtweg keinen Computer-Unterricht mehr hat. Der Lehrplan für Mittelschulen verlangt von den Acht- bis Zehntklässlern, sich zwischen den Fächern "Soziales" (Hauswirtschaft), "Technik" (Werken) und "Wirtschaft" (Computer/IT) zu entscheiden. Damit haben Schüler, die nicht Wirtschaft wählen, überhaupt keinen Unterricht am Computer mehr. Sie verlassen die Schule ohne Computer-Grundkenntnisse, obwohl in fast allen Ausbildungsberufen zum Beispiel "Word" und "Excel" vorausgesetzt werden. Den Mittelschülern wird also de facto die "vierte Kulturtechnik" neben Lesen, Schreiben und Rechnen verwehrt! Ihre Chancen in der Arbeits- und Berufswelt sind somit immens beschnitten. Wieder einmal sind die Mittelschüler gegenüber den Realschülern und Gymnasiasten die Verlierer.
Gabriele Sperber, Haar
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