Kampf um die Amtsstuben:Microsoft gibt nicht auf

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Der Software-Riese legt der Stadt ein neues Angebot vor, um das Vordrängen des Konkurrenten Linux in letzter Sekunde doch noch abzuwenden. Es geht dabei nicht nur um Software für rund 14.000 PCs. Die mögliche Vorbildwirkung der Münchner Entscheidung beunruhigt die Konzern-Bosse.

Jan Bielicki

Microsoft will sich im Wettstreit um das künftige Betriebssystem der städtischen Computer nicht geschlagen geben. Nachdem sich die Stadtratsfraktionen von SPD und Grünen am Montag für das konkurrierende System Linux entschieden hatten, legte Microsoft am Abend der Stadt ein weiteres Angebot vor.

Es will den bisher angebotenen Paketpreis für die Umstellung der städtischen Rechner um sieben Millionen Euro drücken. Gleichzeitig beschwerte sich Microsoft in einem Fax an den Leiter des städtischen Direktoriums, Ernst Wolowicz, über die Veröffentlichung "unseres vertraulichen Angebots". Damit seien "wesentliche Grundsätze des Vergaberechtes" verletzt worden.

Morgen will der Stadtrat endgültig über das künftige Betriebssystem entscheiden. Bisher hatten die von der Stadt beauftragten Gutachter der Unternehmensberatung Unilog die Kosten für einen Umstieg auf Microsofts Programm WindowsXP auf rund 27,3 Millionen Euro, die für einen Einsatz des vom Computerkonzern IBM gestützten Linux-Betriebssystem Open Sources Software auf rund 30,2 Millionen Euro beziffert.

Weil die Fachleute die Linux-Lösung jedoch "qualitativ-strategisch" deutlich höher einschätzten, entschieden sich die Stadträte von SPD und Grünen auf ihrer Fraktionssitzung am Montag gegen die Microsoft-Offerte.

Das neue Angebot der Firma traf noch am selben Abend im Rathaus ein. Darin bietet der für Öffentliche Dienste zuständige Vertriebsdirektor Norman Heydenreich unter anderem an, die rund um die Umstellung anfallenden Dienstleistungen wie etwa die Schulung der Mitarbeiter für einen Festpreis zu übernehmen und allein dadurch der Stadt rund drei Millionen Euro einzusparen.

"Der Beschluss steht"

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Strobl glaubt jedoch nicht, dass sich der Stadtrat durch das neue Microsoft-Angebot noch einmal umstimmen lassen wird. Man habe einen Beschluss gefasst, Angebote nur bis zum vergangenen Mittwoch anzunehmen, sagte Strobl der SZ, "und der Beschluss steht". Man könne "das Spiel ja nicht ewig so weiter treiben".

Der grüne Stadtrat Jens Mühlhaus äußerte "Zweifel an der Seriosität derartiger Last-Minute-Angebote". Er zeigte sich sicher, dass es sich für die Stadt auszahlen werde, "wenn sie sich jetzt von einem Anbieter befreit, der eine monopolartige Stellung einnimmt". Die Grünen würden darum morgen für Linux stimmen.

Zurückgewiesen wurden im Rathaus Vorwürfe, die Stadt würde gegen das Vergaberecht verstoßen. Es gehe morgen noch nicht um eine Vergabe, sondern um eine strategische Entscheidung. Man habe vorher "nur den Markt sondiert."

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