Kampagne gescheitert:Wirte pfeifen auf qualmfreie Zonen

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Das Rauchverbot kommt, falls freiwillige Regelungen in Lokalen nicht bald greifen. In München halten sich noch zu wenige Wirte an die Vereinbarungen.

Astrid Becker

Weil sich noch viele Wirte weigern, mindestens 40 Prozent ihrer Plätze als Nichtraucherbereich auszuweisen, wird ein gesetzlich verhängtes Rauchverbot in der Gastronomie immer wahrscheinlicher.

Rauchverbot in Restaurant: Nur 1400 Betriebe in Bayern halten sich an die freiwillige Vereinbarung zum Schutz der Nichtraucher. (Foto: Foto: dpa)

Allein in München haben sich bislang nur knapp 170 Betriebe von insgesamt rund 5000 an der Aktion "nichtraucherfreundlicher und rauchfreier Hotel- und Gaststättenbetrieb" des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (BHG) und des bayerischen Umwelt-, Gesundheit- und Verbraucherschutzministeriums beteiligt.

Kürzlich hatte sich Bayerns Innenminister Günther Beckstein bei einem Rundgang durch Münchens Bier- und Oktoberfestmuseum für den Schutz von Nichtrauchern, aber gegen ein gesetzliches Rauchverbot ausgesprochen: "Ich verstehe nicht, wie alle von Bürokratieabbau sprechen können und gleichzeitig fordern, dass die Polizei künftig die Einhaltung eines gesetzlichen Rauchverbots kontrollieren solle."

Beckstein appellierte an die Gastronomie, freiwillig Nichtraucherbereiche zu schaffen, verwies jedoch auch auf die Zuständigkeit des Gesundheitsministers Werner Schnappauf.

Bei kleineren Betrieben ist die Trennung wenig sinnvoll

Dessen Ministerium hatte gemeinsam mit dem BHG im vergangenen Jahr eine Kampagne gestartet mit dem Ziel, ein generelles Rauchverbot in Restaurants, Kneipen, Bars oder Nachtlokalen zu vermeiden. Schon am Eingang sollen die Gäste erkennen können, ob es in dem jeweiligen Betrieb rauchfreie Zonen gibt oder ob das Qualmen im Lokal komplett untersagt ist.

Die Aktion richtet sich an Wirte, deren Lokal mehr als zehn Tische beziehungsweise mehr als 75 Quadratmeter Gastfläche aufweist. Bei kleineren Betriebe gilt eine Trennung der beiden Bereiche als wenig sinnvoll.

Mit der freiwilligen Vereinbarung verpflichtet sich der teilnehmende Wirt dazu, wenigstens 40 Prozent seiner Gastfläche zur rauchfreien Zone zu erklären. Mindestens 2000 Betriebe müssen sich bis Ende des Jahres beteiligt haben, sonst gilt die Aktion als gescheitert. Doch bis jetzt haben sich kaum mehr als 1400 Betriebe bayernweit gemeldet, in München knapp 170.

Für BHG-Sprecher Frank-Ulrich John, selbst Nichtraucher, völlig unverständlich: "Das Ganze bringt doch zudem einen positiven, kostenlosen Marketingeffekt mit sich - die Wirte bekommen nicht nur eine Urkunde und eine Kennzeichnung für ihren Betrieb, sondern zudem eine Empfehlung des Ministeriums im Internet mit der Möglichkeit, sich mit der eigenen Homepage ,verlinken' lassen, eine bessere Werbung gibt es nicht."

"Meilenweit von einem Nichtraucherschutz entfernt"

Zudem seien es doch die Wirte gewesen, die angesichts der Rauchverbote in Irland oder Italien vor massiven Umsatzeinbrüchen gewarnt hatten, sollte eine ähnliche Regelung auch in Deutschland eingeführt werden.

Meinungsumfragen hatten zu dieser Zeit ergeben, dass ein Drittel aller Deutschen gegen ein gesetzliches Rauchverbot in der Gastronomie sind, heute sind hingegen fast zwei Drittel dafür. Dennoch war die gestiegene Zahl der Befürworter nicht der Auslöser für die erneute Diskussion in Sachen Qualm in Restaurants. Vielmehr war es die EU, die Deutschland mit einer Klage unter Druck setzte, das Tabakwerbeverbot umzusetzen. Bundesverbraucherminister Horst Seehofer will deshalb nun ernst machen.

Obwohl das Gaststättenrecht im Rahmen der Föderalismusreform Sache der Länder geworden ist, will er in der Arbeitsstättenverordnung des Bundes den Passus streichen lassen, der den Nichtraucherschutz von Mitarbeitern der Gastronomie einschränkt - was praktisch ein gesetzliches Rauchverbot in den Lokalen zur Folge hätte.

Auch im bayerischen Umweltministerium setzt man nun auf eine deutschlandweite Regelung. Derzeit laufe noch eine Evaluierung der Betriebe, die dann endgültige Zahlen liefern solle, wie eine Sprecherin unter Berufung auf Minister Werner Schnappauf sagt. Aber schon jetzt stehe fest: "Wir sind noch meilenweit von einem funktionierenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie entfernt, wenn sich also das Tempo der Freiwilligkeit nicht erhöht, wird ein Gesetz unumgänglich."

© SZ vom 16.08.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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