JVA-Neubau:Krippenplatz im Knast

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Farbenfroh, ohne Stacheldraht und mit viel Holz: Die Frauen- und Jugendabteilung in Stadelheim wird neu gebaut, jetzt auch mit Mutter-Kind-Plätzen.

Susi Wimmer

Besondere Baustellen erfordern besondere Planungen: So werden in den Neubauten der Justizvollzugsanstalt Stadelheim die ,"Fluchtwege" lieber als "Rettungswege" im Plan vermerkt.

Bunt soll es in der neuen Abteilung werden. (Foto: Foto: dpa)

Am Mittwoch wurde der Grundstein für eine neue Frauenabteilung und Jugendarrestanstalt an der Tegernseer Landstraße in Giesing gelegt, unweit des bestehenden Gefängnisses. In dem dunkelroten Neubau soll Platz sein für 60 Jugendliche, 150 Frauen und - das ist neu - für zehn Mütter mit Kindern.

Marode und eng

"Beschämend" fand Finanzminister Kurt Faltlhauser die bisherige Unterbringung in der Einrichtung Am Neudeck in der Au. Diese Enge, erklärte Justizministerin Beate Merk, sei für die Bediensteten nicht ungefährlich; JVA-Leiter Hans-Herbert Moser fügte an, dass die Enge die Aggressionen der Insassen nur steigern würde.

In dem maroden Bau aus dem Jahr 1904 ist derzeit Platz für 74 Frauen und 43 Jugendliche. Die Jugendlichen sitzen nur für maximal vier Wochen als "abschreckende Maßnahme", so Moser, hinter Gittern, und auch bei den Frauen liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchungshaft. Nach einer Verurteilung werden sie in die Justizvollzugsanstalt Aichach verlegt.

Die neue Frauenabteilung bietet nun Platz für doppelt so viele Verhaftete wie in Neudeck. Platz, den man dringend braucht: In der Au seien die Zellen teilweise doppelt belegt, erzählt Moser.

Und Merk legt nach: Seit 1991 ist die Zahl der Frauen in bayerischen Gefängnissen um über 90 Prozent auf 835 gestiegen. "Frauen holen überall auf", meinte Merk, "ein Zeichen der Selbstständigkeit", vor allem im Drogen- und Gewaltbereich.

"Frauen holen überall auf"

Polizeipräsident Wilhelm Schmidbauer führt den Zuwachs bei den weiblichen Kriminellen in München auf "reisende Täterinnen" zurück, die sich auf Trickbetrügereien spezialisiert hätten.

Völlig neu werden auch die Mutter-Kind-Plätze für Kinder bis zu drei Jahren sein. Laut Merk könne man den Müttern unter anderem beibringen, dass Kinder Strukturen bräuchten, "regelmäßiges Essen und Schlaf".

Der Auftrag für den Bau mit einem Volumen von 52,6 Millionen Euro ging an die Bietergemeinschaft BAM Deutschland AG und die Südleasing GmbH. Das Projekt wird in "Public-Private-Partnership" gestartet, "denn wir hätten keinerlei Geld für diese Investitionen gehabt", räumte Faltlhauser ein.

Das heißt, BAM investiert, kümmert sich um die Energieversorgung und die technische Wartung der Anlagen, der Freistaat zahlt dafür 20 Jahre lang eine bestimmte Summe. Nach Ablauf der Frist geht das Gebäude in den Besitz des Freistaates über. Das Personal, und darauf legte Merk Wert, werde nicht von Privatfirmen gestellt.

Ein größerer Freizeitbereich, mehr Gruppenräume und modernere Zellen: So soll der Bau an der Ecke Stadelheimer Straße und Tegernseer Landstraße aussehen. "Gerade Sport ist wichtig für die Gefangenen, um Frust und Aggressionen abzubauen", meinte JVA-Leiter Moser. Und schließlich gehe es nicht darum, die Leute nur wegzusperren, sondern den Vollzug menschlich zu gestalten und die Resozialisierung zu fördern.

Dieses Konzept setzte Architekt Axel Krüger von der Plan2 GmbH um mit einem farbenfreundlichen Bau, "mit viel Holz, dort, wo es geht". Stacheldraht oder Mauern sind nicht geplant, einziger Schutz ist die speziell konzipierte Außenmauer.

© SZ vom 24.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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