Justizvollzugsanstalt Neudeck:Künstler in den Knast

Lesezeit: 2 min

Nach dem gescheiterten Projekt namens "Hotel Biss" wollen die Investoren in dem ehemaligen Gefängnis Neudeck hochwertige Studentenapartments einrichten. Doch bevor Studenten dort einziehen, sollen Künstler unterkommen. Noch fehlen die Genehmigungen.

Bernd Kastner

Kehrt in ein paar Wochen schon neues Leben ein in das alte Gefängnis unterhalb des Nockherbergs? Still war es geworden in den vergangenen Monaten, die ehemalige Justizvollzugsanstalt am Neudeck schien in einen tiefen Schlaf gefallen zu sein nach all der Aufregung um das gescheiterte Projekt namens "Hotel Biss".

Im ehemaligen Gefängnis Neudeck sollen Studentenapartments gebaut werden, doch im Moment herrscht Stillstand. (Foto: Catherina Hess)

Der Freistaat hat vor einem Jahr den alten Knast bekanntlich zum Höchstgebot an Investoren verkauft, die dort hochwertige Studentenapartments einrichten wollen. Wann das so weit ist, weiß bisher keiner genau zu sagen, die Planungen für den denkmalgeschützten Bau sind kompliziert. Die Investoren, die Unternehmensgruppe Engelhardt aus Forchheim und die Leipziger Firma "First Single Apartment", versichern jedoch, dass sich an ihrem Plan nichts geändert habe.

Doch ehe die Studenten die umgebauten Zellen beziehen, könnte in dem Gebäude vorübergehend etwas ganz Neues geschehen: Künstler sollen, wie berichtet, in den Knast ziehen, zumindest für einen Sommer. Allein, in trockenen Tüchern ist diese vorübergehende Nutzung noch nicht. Es gibt Diskussionsbedarf zwischen Eigentümern und Zwischennutzern: "Die letzte Entscheidung ist noch nicht getroffen."

Das sagt Uwe Seybert, der Leiter Projektentwicklung bei Engelhardt. Der Investor muss sein Plazet geben für eine geplante Zwischennutzung von Juli bis Oktober. Zwar gebe es bereits eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Eigentümern und einem Kultur-Team, bestehend aus der Firma H+S Veranstaltungen und Marco Böhlandt. Doch in Forchheim war man alles andere als begeistert, als Ende Mai Böhlandt in einem SZ-Interview das Intermezzo verkündete. Mit dem Investor sei dies nicht abgesprochen gewesen, sagt Seybert, und dann sprach Böhlandt auch noch von Partys: "Neudeck soll ein großer Abenteuerspielplatz werden."

Das will Seybert keinesfalls. Ihm schwebt ausschließlich eine kulturelle und künstlerische Nutzung vor, mit Ateliers und Galerien, Vernissagen und Biergartenbetrieb, aber bloß keine Partylocation, auch nicht temporär. Er will nach dem politischen Hickhack der vergangenen Jahre um "Hotel Biss" Ruhe in das Gemäuer bringen. Wenn sich Böhlandt und Co. nicht daran hielten, könne der Vertrag ganz schnell aufgelöst werden, droht Seybert. Prinzipiell aber stehe er dem Projekt positiv gegenüber: Das Konzept befindet er als "ganz gut".

Mögliche Differenzen mit den Investoren sind das eine Risiko für die Zwischennutzung, die Genehmigung durch die Stadt das andere. Fragt man bei der zuständigen Lokalbaukommission (LBK) nach, was einem behördlichen Ja im Wege stehe, sagt die Sprecherin: "Der Antrag fehlt." In der Tat ist Böhlandt nach eigenen Angaben noch damit beschäftigt, diverse Papiere und Gutachten zusammenzutragen als Voraussetzung für die Genehmigung, für den Brand- bis zum Denkmalschutz.

Dass die Nachbarn belästigt werden, will Böhlandt auf jeden Fall vermeiden, und so ist er zuversichtlich, am Ende amtlich grünes Licht zu bekommen. Er peile nach wie vor den 1. Juli als Starttermin an, die LBK habe eine zügige Bearbeitung versprochen. Ein ehrgeiziger Zeitplan.

Wenn alles klappt, wann auch immer, könnte der Knast zumindest für ein paar Monate zu einem ganz besonderen Ort werden, wo Kreative für wenig Geld ein Plätzchen finden, ehe Bauarbeiter anrücken und dann ein Zuhause für Studenten schaffen, die schon ein bisschen Geld mitbringen müssen für die Miete. Am Geld war vor einem Jahr die große Idee gescheitert, das "Hotel Biss", das vielen jungen Menschen vom Rande der Gesellschaft einen Arbeitsplatz hätte bieten wollen an diesem in München so einzigartigen Ort.

Um sich dessen einstiger Bestimmung zu erinnern, hat Uwe Seybert vom Forchheimer Investor eine Idee: Schulklassen, sagt er, sollten bis zum Beginn der Umbauten das Gebäude am Auer Mühlbach besuchen, sollten die Zellen sehen. Das wäre die beste "Abschreckung" vor Straftaten.

© SZ vom 16.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: