Juristische Niederlage für Demjanjuk:Auslieferung rückt näher

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Schlappe für Demjanjuk: Der Eilantrag des mutmaßlichen Nazi-Verbrechers auf Verbleib in den USA ist abgelehnt worden. Doch sein Sohn will noch nicht aufgeben.

A. Krug und C. Wernicke

Im Kampf gegen seine Auslieferung nach Deutschland hat der mutmaßliche Nazi-Verbrecher John Demjanjuk in den USA eine weitere juristische Niederlage erlitten. Der Berufungsausschuss der US-Einwanderungsbehörde lehnte am Freitag seinen Eilantrag auf Verbleib in den Vereinigten Staaten ab. Mit dieser Entscheidung kann Demjanjuks Auslieferungsverfahren zunächst fortgesetzt werden.

Das Tauziehen geht weiter: Der Berufungsausschuss der US-Einwanderungsbehörde lehnte Demjanjuks Eilantrag ab. Nun wird seine Auslieferung immer wahrscheinlicher. (Foto: Foto: AP)

Doch der Sohn des Angeklagten, John Demjanjuk Jr., kündigte im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung an, die Familie werde unverzüglich ein weiteres US-Bundesgericht einschalten: "Falls nötig werden wir vor ein Bundesberufungsgericht gehen," schrieb Demjanjuk Jr. per E-Mail. Deutsche wie amerikanischen Quellen hatten der SZ gesagt, mit einer Überstellung an die Justizbehörden in München sei "kurzfristig nicht mehr zu rechnen."

Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft Demjanjuk vor, er habe als KZ-Wächter im Vernichtungslager Sobibor Beihilfe zur Ermordung von mindestens 29.000 Juden geleistet. Der gebürtige Ukrainer bestreitet dies und behauptet, er sei als Kriegsgefangener der Deutschen selbst ein Opfer der Nazi gewesen. Zudem machen seine Anwälte geltend, Demjanjuk leide an schweren Krankheiten wie chronischen Rückenschmerzen, Anämie und Gicht. Ein Nierentumor verlange dringend nach chemotherapeutischer Behandlung.

Sein US-Anwalt John Broadley argumentiert, Demjanjuk sei deshalb weder haft- noch prozessfähig. Eine Abschiebung seines Mandaten, gegen den seit 10. März in Deutschland ein Haftbefehl vorliegt, sei deshalb Folter und ein Verstoß gegen die auch von den USA anerkannte UN-Konvention gegen Folter. Das US-Justizministerium wiederum wies dies vor Gericht als "absurd" zurück und lobte generell die bundesdeutschen Haftbedingungen.

Als unnötig und unbegründet wies das US-Justizministerium zudem den Vorstoß der Verteidigung zurück, ein deutscher Amtsarzt solle Demjanjuks Haft- und Prozessfähigkeit noch vor einer eventuellen Überstellung nach München in den USA untersuchen. Demjanjuks Anwalt Günther Maull, der deutsche Pflichtverteidiger, ließ der Münchner Staatsanwaltschaft inzwischen eine Kopie verschiedener Blutwerte seines Mandanten zukommen. Nach Angaben Maulls belegen die Werte eine deutliche Gesundheitsverschlechterung Demjanjuks.

Demjanjuks zweiter Anwalt Ulrich Busch aus Ratingen hat der Staatsanwaltschaft eine Haftbeschwerde zugeleitet. Dies ist ungewöhnlich, da der 21 Seiten umfassende Haftbefehl noch keinem der Prozess-Beteiligten vorliegt. Der Haftbefehl wird dem Beschuldigten stets in dessen Beisein eröffnet.

Auch logistische Zwänge verzögern Demjanjuks Abschiebung. Im Fall eines endgültigen Urteils würde es mehrere Tage dauern, den nötigen Privatjet samt Krankenausrüstung, Ärzten und Pflegern bereitzustellen. Auch deshalb werde es "eher Wochen als Tage dauern", ehe Demjanjuk in München eintreffe.

© SZ vom 11.04.2009/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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