Junge Bundestagskandidaten (1):"Ich will die Welt verbessern"

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Judith Greif ist eine der jüngsten Bundestagskandidaten in München. Wir stellen die Grüne vor - und sie gibt 13 kurze Antworten.

K. Spann

Judith Greif spürt eine besondere Berufung. "Ich will die Welt verbessern, auch wenn sich das sehr idealistisch anhört", bekennt die junge Frau. Sie ist eine der jüngsten Bundestagskandidatinnen in München, die für die Grünen antritt. "Ich kann keine Politikverdrossenheit unter jungen Leuten erkennen", sagt Greif. Sie selbst ist das beste Beispiel.

Judith Greif will in den Bundestag gewählt werden. (Foto: Foto: Spann)

Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine normale Studentin. Judith Greif ist 25 Jahre alt, wohnt in der Studentenstadt in einem kleinen Zimmer, studiert Philosophie und Literaturwissenschaft und genießt in ihrer Freizeit den Englischen Garten. Seit 2005 studiert sie an der Isar und hat die Stadt mit der rot-grünen Regierung lieben gelernt. Geboren ist Greif in Lörrach, aufgewachsen in Bern und hat schon in Augsburg und Ingolstadt gelebt. Sie schätzt das internationale Klima der Stadt und die besondere Gemütlichkeit.

Schockiert vom Angebot

Judith Greif ist 2005 bei den Grünen eingetreten, da sie den Umweltschutz für die zentrale politische Herausforderung der Zukunft hält. Der besondere Anlass war das Ende der rot-grünen Regierung 2005, das sie nicht kampflos hinnehmen wollte.

Weil sie sich im folgenden Bundestagswahlkampf engagierte, wurde ihr schon nach einem halben Jahr der Vorsitz der Grünen Jugend in München angeboten. "Anfangs war ich etwas schockiert über das Angebot", gibt Greif zu. Doch dann habe sie die Herausforderung gerne angenommen.

Und in diesen zwei Jahren hat Greif einiges bewirkt. Unter ihrer Leitung hat die Grüne Jugend erstmals ein eigenes Wahlprogramm verfasst. Und sie hat ein geschlechterpolitisches Forum gegründet, das sich mit Fragen der Gleichstellung befasst.

Das Forum ist mit 20 bis 30 Mitgliedern längst zur Institution geworden, was Greif besonders freut. Auch im Wahlkampf ist die Geschlechterpolitik ihr Thema. Die Gleichberechtigung vor dem Gesetz ist zwar eine Tatsache, doch die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt sei längst noch nicht realisiert. So engagiert sie sich gegen ideologische Vorurteile und die schlechte Bezahlung der Frauen am Arbeitsplatz.

Anders als die alten Hasen

Doch als Vorsitzende der Grünen Jugend hatte Greif auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Eine davon war der Generationenkonflikt innerhalb der Partei. Es sei nicht immer einfach gewesen, zwischen älteren und jüngeren Grünen zu vermitteln. "Es gibt eben andere Schwerpunkte, wenn man älter ist", räumt Greif ein.

Auch sie vertritt gelegentlich eine andere Meinung als die alten Hasen der Politik. Jerzy Montag hält sie für einen ausgezeichneten Rechtspolitiker, aber sie behält sich dennoch in manchen Punkten eine eigene Meinung vor. Beispielsweise war sie mit Vereidigung der Bundeswehr auf dem Marienplatz nicht einverstanden, weil sie eine Militarisierung des öffentlichen Raums ablehnt. Jerzy Montag saß derweil auf der Tribüne.

Tiefer in die digitale Welt eintauchen

Ein weiteres wichtiges Thema ist für sie der Datenschutz und der Kampf um die digitalen Bürgerrechte. Den neuen Gesetzesvorschlag gegen Kinderpornographie im Internet lehnt Greif ab, weil sie damit einen Einstieg in die staatliche Zensur befürchtet. Das Gesetz, denkt sie, würde keinesegs die Verbreitung der Pornographie verhindern, sondern nur dem Bundeskriminalamt unkontrollierte Befugnisse einräumen. Deshalb identifiziert sie sich in diesem Punkt mit den Zielen der Piratenpartei. Nach dem Wahlkampf wird sie zusätzlich Informatik studieren, um noch tiefer in die digitale Welt einzutauchen.

Im Arbeitskreis gegen die Vorratsdatenspeicherung, der sich gegen die Online Zensur einsetzt, ist sie die einzige Frau. Dennoch befürwortet sie nicht alle Neuerungen des Internets. "Ich twittere nicht", bekennt Greif, die ihre Zeit lieber in die eigene Homepage investiert. "Zu Hause bin ich online", sagt sie. An einem Wahlkampf über Facebookfreundschaften hat sie aber kein Interesse.

Die Themen der realen Welt sind für sie zu wichtig, um sich in der digitalen Welt zu verlieren. Der Einsatz der Grünen für die Umwelt sei richtungsweisend und unverzichtbar. "Deshalb werden wir die Grünen auch in Zukunft brauchen", ist sich Greif sicher.

Auf der zweiten Seite: 13 Fragen an Judith Greif

1. Warum haben Sie sich für den Bundestag aufstellen lassen?

Weil ich denke, dass frischer Wind und junge Frauen der Politik gut tun. Unsere Parlamente sind hoffnungslos überaltert und dominiert von ältlichen Männern in grauen Anzügen.

2. Wenn ich Bundeskanzler wäre, würde ich...

Ich wäre Bundeskanzlerin! Und ich würde dafür sorgen, dass Frauen und Männer in Deutschland endlich auf allen Ebenen gleich gestellt sind, zum Beispiel bei Lohn und Gehalt.

3. Wie lange engagieren Sie sich schon in der Politik?

Selber aktiv bin ich ziemlich genau seit dem letzten Bundestagswahlkampf: Ich wollte die Errungenschaften der grünen Regierungsbeteiligung - Erneuerbare-Energien-Gesetz, Förderung des Öko-Landbaus, endlich ein vernünftiges Verbraucherschutzministerium... - nicht kampflos aufgeben!

4. Welchen Beruf haben Sie derzeit?

Ich studiere Literaturwissenschaft und Philosophie auf Magister und fange im Herbst noch ein Informatik-Doppelstudium an.

5. Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen Sie im Wahlkampf?

Datenschutz, Netzpolitik, Geschlechterpolitik und Erneuerbare Energien.

6. Von welcher Wählerschicht erhoffen Sie sich die meisten Stimmen?

Junge Leute, die genau wie ich das Gelaber der Berufspolitiker satt haben und eine Stimme aus ihren eigenen Reihen im Bundestag gut finden.

7. Mein bisher größter Erfolg war...

...bei der letzten Kommunalwahl ist die Grüne Jugend mit einem eigenen Wahlprogramm angetreten - das gab's vorher noch nie!

8. Meine bisher größte Niederlage war...

...dass der Münchner Merkur mal geschrieben hat, ich hätte naive Vorstellungen. Aber das ist Jahre her und ich könnte mir denken, dass sie inzwischen ihre Meinung geändert haben :-)

9. Sind Sie in Online-Communities (Facebook, Twitter etc) präsent?

Facebook und Lokalisten. In Kürze geht auch www.judithgreif.de und www.gruene-judith-muenchen.de online!

10. Ich mag an München...

Mei, fast alles. Einziger Nachteil sind die hohen Kosten, ansonsten schlägt mein Herz für München!

11. In welchem Stadtteil wohnen Sie in München?

Freimann, direkt in meinem Wahlkreis.

12. Das Oktoberfest finde ich...

...eine schöne Abwechslung. Nach reiflicher Überlegung werde ich dieses Jahr seit vielen Jahren wieder eine Lederhosn kaufen.

13. In den kommenden vier Jahren möchte ich für München erreichen...

...mehr Förderung des Radlverkehrs statt unsinniger Großprojekte, bessere Anbindung der Außenbezirke über S-Bahn und Co., mehr Unterstützung für Hartz IV-Empfänger. Die haben es nämlich in unserer reichen Stadt echt schwer und werden derzeit vom Stadtrat aus eigener Tasche unterstützt.

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