Jüdisches Zentrum:Wiederbelebung für den Jakobsplatz

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Mit dem Bau des Jüdischen Zentrums werde ein ursprünglich "toter Fleck" der Innenstadt wiederbelebt, sagte OB Christian Ude. Ein offener Ort soll enstehen, der Jung und Alt zusammenführe, versicherte IKG-Vorsitzende Charlotte Knobloch.

Violetta Simon

Ein letztes Relikt der Vergangenheit ragt noch aus dem Jakobsplatz: Das unansehnliche Parkhaus, ein mehrstöckiges Klinkersteinmonstrum. In wenigen Tagen wird die Garage, die laut Stadtbaurätin Christiane Thalgott "an Hässlichkeit ihresgleichen gesucht hat", Geschichte sein.

Die Synagoge im Rohzustand. Das Richtfest - auch "Hebweih" genannt - soll am Freitag gemäß seiner ursprünglichen Bedeutung nicht in der Öffentlichkeit, sondern nur mit den am Bau beteiligten Mitarbeitern gefeiert werden. (Foto: Foto: dpa)

Noch befindet sich eine große Baustelle am Jakobsplatz, wo einmal das Jüdische Zentrum stehen wird. Zwei Bauherren haben hier das Sagen: die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) und die Stadt München. Die Zusammenarbeit läuft gut, der Zeitplan stimmt. Bleibt es dabei, wird am 9. November 2006 die Synagoge eingeweiht, im Frühsommer 2007 das Gemeindezentrum.

Bis zum Herbst 2007 soll dann auch die Platzgestaltung beendet sein. Dann erst wird sich das neu entstandene Ensemble - bestehend aus der Hauptsynagoge, einem Gemeindezentrum und einem Museum - in seiner vollständigen Gestalt erschließen.

Warten auf die Auferstehung

Mit dem Bau des Jüdischen Zentrums werde ein ursprünglich "toter Fleck" der Innenstadt wiederbelebt, verkündete OB Christian Ude anlässlich des bevorstehenden Richtfestes der Hauptsynagoge und des Gemeindezentrums.

Schon oft waren in den vergangenen Jahren Stimmen laut geworden, warum der Jakobsplatz so lange brach läge und nicht besser genutzt würde. Vorschläge gab es genug. Immer wieder wurden Pläne diskutiert und am Ende wieder verworfen. "Zum Glück", wie Thalgott feststellte. Es sei gut, dass solche Orte "auch mal liegen bleiben", bis eine wertvolle Nutzung wie in diesem Falle erfolge.

Finanzierung gilt als gesichert

Erleichtert zeigte sich IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch hinsichtlich der Finanzierung, die als gesichert gilt. Derzeit kalkuliere man mit einer Summe von 57 Millionen Euro für Synangoge und Gemeindezentrum - unter Vorbehalt. Schließlich habe man noch ein Jahr Bauzeit vor sich, und außerdem hänge "das Damoklesschwert des erhöhten Mehrwertsteuer" über ihr, gab Knobloch zu Bedenken.

Zehn Prozent der Bau-Etats wurden in die Sicherheit investiert. Beim Konzept setzt Jehoshua Chmiel, stellvertretender Vorsitzender der Kultusgemeinde, auf Offenheit. "Dieser Platz ist geöffnet. Mein Geist und mein Herz sind geöffnet", sagte Chmiel. Andernfalls "haben wir ein schönes Veranstaltungszentrum, nicht mehr". Er sehe die Verantwortung auch in der Gesellschaft, die durch ihr Verhalten mehr bewirken könne als Präventionsmaßnahmen.

Freude über Geld und Sympathie

Große Freude herrschte über die hohe Spendenbereitschaft, die nach Meinung von Charlotte Knobloch nicht nur eine finanzielle Unterstützung darstelle, sondern auch die wohlwollende Einstellung vieler Bürger zu dem Projekt demonstriere.

Weitere Spenden stammen aus der Aktion "Paten für Toleranz", die Hubert Burda ins Leben gerufen hatte und an der sich mehrere Verlage beteiligten. Diese Summen sollen unter anderem in eine großzügige Ausstattung des Veranstaltungs-Saals mit einer Multimedia-Einrichtung fließen, so dass auch Konzerte, Vorträge und Seminare im Gemeindezentrum stattfinden können.

Überhaupt soll das Jüdische Zentrum ein offener Ort sein, der Jung und Alt zusammenführe und darüber hinaus die Lebensqualität verbessere, versicherte Knobloch.

Das Gemeindezentrum wird neben einem Jugend- und Kulturzentrum auch ein koscheres Restaurant und die derzeit in der Möhlstraße ansässige Sinai-Grundschule beherbergen. 200 Schüler und 100 Kindergartenkinder werden von Herbst 2007 an in der Konfessions-Schule betreut, die auch nichtjüdische Kinder aufnimmt und als bayernweit einzige Ganztages-Grundschule konzipiert ist.

Wandel am Gärtnerplatz

Was aus dem Sitz des Jüdischen Kulturzentrums in der Reichenbachstraße werden soll, steht noch nicht fest. Es liegen eine Menge Anfragen vor, etwa von jüdischen Gymnasien oder verschiedenen jüdischen Organisationen. "Wir benötigen Einnahmen", gibt Charlotte Knobloch zu Bedenken. Wirtschaftliche Faktoren würden die Entscheidung sicherlich beeinflussen.

Sicher ist jedenfalls, dass das neue Jüdische Zentrum am Jakobsplatz sympathischer daherkommen soll als sein Vorgänger. Keine Sicherheitsposten, keine Hinterhof-Atmosphäre.

Noch dominieren Beton und Stahl, einige Kritiker verunglimpften die Neubauten bereits als "Atombunker" oder "Riesenklötze". Architektin Rena Wandel-Hoefer bat um Geduld, denn erst im April 2006 sei das Erscheinungsbild erkennbar. Fassaden aus Naturkalkstein und großräumige, filigrane Verglasungen würden dem Platz dann ein freundliches Aussehen verleihen.

"Die Stimmung wird durch die neuen Gebäude am Jakobsplatz eine andere sein, aber wir brauchen auch die Bürger, um das zu erreichen", gab Knobloch zu Bedenken und versicherte:. "Wir wünschen uns ein offenes Zentrum, damit wir der Teil dieser Stadt werden, der wir schon mal waren".

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