Jon Mar Sillo:Büffeln in der Freizeit

Lesezeit: 1 min

Der Mann von den Philippinen ist seit Mai in Bogenhausen

Auf den Philippinen gibt es viele arbeitslose Krankenpfleger, erzählt John Mar Sillo. Die gehen nach Saudi Arabien, England oder in die USA. "Ich wäre nie auf die Idee gekommen, eines Tages in Deutschland zu arbeiten", erzählt der freundliche junge Mann. Aber eine Freundin der Familie hat ihn auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, und er hat es gewagt. Ein vierjähriges Studium und mehrere Jahre Berufserfahrung hat er mitgebracht. In seiner Heimat besuchte er acht Monate lang einen Deutschkurs, im Mai dieses Jahres landete er in München. Trotz seiner Qualifikation darf er zunächst nur als Pflegehelfer arbeiten, so will es das Gesetz. "Ich hoffe, dass ich im Dezember die Anerkennungsprüfung machen kann." Erst dann gibt es das übliche Tarifgehalt.

In seiner Heimat hatte er auf der Intensivstation gearbeitet, er durfte Spritzen geben, Zugänge für Infusionen legen, "hier macht das der Arzt". Im Klinikum Bogenhausen ist er jetzt in der Orthopädie tätig. Das Krankenhaus hat 1000 Betten, in seiner Heimat gebe es kaum ein Krankenhaus mit mehr als 300 Betten, erzählt er. Und noch etwas ist anders: Zuhause sind rund um die Uhr Angehörige des Patienten im Zimmer, sie waschen ihn und geben ihm Essen, achten auf die Medikamenteneinnahme. "Es ist schon ein bisschen traurig, dass hier alte Leute im Krankenhaus liegen, die überhaupt keinen Besuch bekommen", sagt er leise.

John Mar Sillo spricht erstaunlich gut Deutsch - "meine Technik ist es, mit möglichst vielen Leuten zu reden, egal, ob ich Fehler mache. Und die Patienten haben Geduld mit mir", sagt er. In seiner Freizeit büffelt er weiter, um noch besser zu werden. Für Ausflüge blieb da bisher kaum Zeit, nur im Fußballstadion war er einmal.

Er will länger in Deutschland bleiben, sagt John Mar Sillo, die Arbeit gefällt ihm, und wenn er erst ein richtiges Tarifgehalt habe, könne er auch seine Familie auf den Philippinen besser unterstützen. An das Wetter werde er sich dann schon noch gewöhnen: "Als wir im Mai ankamen, konnte ich nicht glauben, wie kalt es hier ist." Sein erstes Gehalt ging für warme Kleidung drauf. Heimweh lässt er trotzdem nicht aufkommen, und er hat Glück: Seine Freundin kam mit nach München und arbeitet im gleichen Krankenhaus.

© SZ vom 04.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: