Jacques Loussier Trio:Ein Sommernachtstraum

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Für die einen ist es Weichspül-Mucke, für andere eins der spannendsten Experimente zwischen Klassik und Jazz. Das Jacques Loussier Trio eröffnete das Open Air Festival der SZ im Brunnenhof der Residenz.

Lars Langenau

"Play Bach is a good way to play Bach" (Glenn Gould)

Jacques Loussier Trio: Ein Sommernachtstraum (Foto: Foto: K. Hess)

"Das war Spitze!" Nein, nicht Hänschen Rosenthal erlebte da am Samstag mit einem lakonischen Selbstlob seine Wiederauferstehung im Brunnenhof der Residenz. Sondern ein ganz großer Franzose: Jacques Loussier.

Großer Auflauf im "schönsten Freiluft-Konzertsaal Münchens": In einer schönen, aber leider nicht lauen Sommernacht eröffnete der musikalische Grenzgänger das Open Air Festival der Süddeutschen Zeitung. Für die einen spielt sein Trio nur Weichspül-Mucke. Für andere ist es eins der spannensten Experimente zwischen Klassik und Jazz.

Der weitgereiste und mittlerweile 72 Jahre alte Jacques Loussier weiß, dass sich an ihm die Geister scheiden: Schon als Fünfzehnjähriger hieß es, er habe alles, um ein Starpianist zu werden. Wenn da nicht diese "Schwäche" wäre, sich selbst bei Prüfungen nicht hundertprozentig an die Notenvorlage zu halten.

Loussier ist mittlerweile seit mehr als vier Jahrzehnten Meister im improvisierenden Umgangs mit Jahrhunderte alten Kompositionen - und absoluter Spezialist der Werke von Johann Sebastian Bach. Schließlich ist Bach für Loussier "der erste Jazz-Musiker auf der Welt". Loussier streichelt die Tasten, sensibel interpretiert er die Kompositionen der großen Meister der Klassik - und hält sich doch streng an das Original. Er ist brillant, aber vielleicht doch etwas zu routiniert. Irgendwie wirkt er, als habe er sich und seinem Publikum nichts mehr vorzumachen. Immer bewegt er sich auf dem schmalen Grad zwischen belangloser Klimperei und wirklich fulminanten Passagen. Man gut, dass er mit einem Schlagzeuger und einem herausragenden Bassisten auftritt.

Überzeugen konnte vor allem der Kontrabass des gebürtigen Straßburgers Benoît Dunoyer de Segonzac: Immer wieder suchte er der Flucht aus dem reinen Wohlklang und setzte eruptive und zutiefst jazzige Momente. Zuerst gab das Trio eine bemerkenswerte swingende Interpretation aus dem "Wohltemperierten Klavier" und danach eine fulminante Aufführung des Brandenburgischen Konzertes Nr. 5 in D-Dur.

"Jeder weiß genau, wie der andere auf eine bestimmte Art von Improvisation reagiert, wir atmen zusammen ... das ist wie, wenn drei Personen nur einen einzigen Kopf haben", sagte er einmal in einem Interview. Und tatsächlich fügte sich auch der Schlagzeuger André Arpion kongenial ein - und setzte doch beindruckende Kontrapunkte in seinen Solis.

Nach der Pause nahmen sich die drei Antonio Vivaldis "Sommer" aus den "Vier Jahrezeiten" vor, lieferten eine herzergreifende, traumtänzerische leichte Interpretation von Erik Saties "Gymnopédie Nr. 1". und wagten sich schließlich an Maurice Ravels "Boléro". Der "Boléro" sei eigentlich für ein großes Orchester mit 200 Musikern geschrieben, sagte Loussier. "Wir sind nur drei, aber wir machen das bestmögliche." Und tatsächlich: Auch die drei Herren überzeugten mit dramatischen Höhepunkten, ließen sich aber auch Luft zur Improvisation, Spielwitz und Langmut. Und irgendwie schafften sie es, dass man auch bei ihnen vor dem inneren Auge Bo Derek verführerisch vor sich hertänzeln sieht.

Weitere Höhepunkte des Open Air Festivals sind die Auftritte von Vaya con Dios und Lyambiko. Termine unter www.musikerlebnis.de

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