Islamische Gemeinde Penzberg:Münchens Parteien sind geschockt

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Das Verwaltungsgericht wirft den Penzberger Muslimen Islamismus vor. Entsteht nun doch kein "Zentrum für Islam in Europa - München"?

C. Rost

Die Entscheidung des Münchner Verwaltungsgerichts im Streit um die Islamische Gemeinde Penzberg und ihren Imam Benjamin Idriz trifft die Fraktionen im Münchner Rathaus wie ein Schlag.

Benjamin Idriz, Imam der Islamischen Gemeinde in Penzberg. (Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

SPD, CSU, Grüne und FDP hatten sich vor wenigen Wochen noch einhellig für das von Idriz initiierte "Zentrum für Islam in Europa - München" (Ziem) ausgesprochen. In zentraler Lage sollte in München eine unter staatliche Obhut gestellte Ausbildungsakademie für Imame samt großer Moschee entstehen.

Ratlosigkeit im Rathaus

Die Islamismus-Vorwürfe im neuen Verfassungsschutzbericht gegen die Penzberger Muslime versetzten diesen Plänen bereits einen Dämpfer. Nun aber herrscht im Münchner Rathaus Ratlosigkeit nach dem vernichtenden Richterspruch, die SPD geht bereits auf Distanz zu Idriz und seinen Mitstreitern.

Vorsichtig ist man bei der SPD geworden, die sich mit ihrem grünen Koalitionspartner schon bei den gescheiterten Plänen für eine Moschee am Gotzinger Platz politisch die Finger verbrannt hat.

Und man ist irritiert: "Einerseits wirbt Idriz für einen transparenten Islam, andererseits gibt es diese Verdächtigungen", stellt Fraktionschef Alexander Reissl fest. Ein Gerichtsbeschluss habe eine andere Qualität als Einschätzungen des Verfassungsschutzes.

Wie die anderen Fraktionen auch, will sich die SPD die richterliche Begründung besorgen und die Fakten prüfen. Zwar betont Reissl, dass er ein Projekt wie das Ziem "nach wie vor für sinnvoll" halte, spricht aber auch von "vorsichtiger Distanzierung" von Idriz. "Er macht in Gesprächen einen vernünftigen Eindruck, das zählt aber letztlich nicht", so Reissl.

Kein Kommentar von der CSU

Die Stadtrats-CSU will sich bis auf weiteres nicht mehr zu dem Thema äußern. "Kein Kommentar, bis wir die Begründung kennen", heißt es am Donnerstag in der Fraktion. Deren Chef Josef Schmid ist verreist und nicht zu sprechen.

Er hatte sich nach der Vorlage des Verfassungsschutzberichts Ende März noch schützend vor die Islamische Gemeinde Penzberg gestellt. Zuvor hatte der Jurist die Protokolle der Verfassungsschützer zur Telefonüberwachung von Benjamin Idriz und anderer Gemeindemitglieder gelesen und die Vorwürfe als "konstruiert" bezeichnet.

FDP-Fraktionsvorsitzender Michael Mattar hat mit so einer Entscheidung "nicht gerechnet". Er will nun mit seinem Parteifreund Hildebrecht Braun - der frühere Bundestagsabgeordnete vertritt die Islamische Gemeinde als Anwalt - über den Beschluss sprechen.

"An den Haaren herbeigezogen"

Vor allem müsse geklärt werden, so Mattar, in welchem Verhältnis Idriz zur extremistischen Muslimbruderschaft stehe. Die Pläne für das Ziem sieht der FDP-Stadtrat noch nicht am Ende. Die Entscheidung des Gerichts sei ja nicht einmal rechtskräftig, und die Idee für ein europäisches Islam-Zentrum nach wie vor vernünftig. "So etwas wollen wir, daran gibt es keinen Zweifel", sagt Mattar.

Viele Fragen offen - so fasst Grünen-Stadträtin Gülseren Demirel die Lage zusammen. Auch vom Verwaltungsgericht will sie etwas wissen: Weshalb hat das Gericht in einem Eilverfahren elf Monate bis zu einer Entscheidung gebraucht? Jedenfalls lange genug, bis der neue Verfassungsschutzbericht erscheinen konnte.

Demirel kennt die Abhörprotokolle der Verfassungsschützer und bezeichnet deren Schlussfolgerungen als "an den Haaren herbeigezogen". An ihrer Einschätzung über das Ziem-Projekt habe sich nichts geändert, so Demirel, "wir werden es weiter unterstützen".

© SZ vom 07.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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