Interview:"Wir werden für den Neubau kämpfen"

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Die Bahn hat sich vom lange geplanten Neubau des Hauptbahnhofs verabschiedet. Das will die neue Stadtbaurätin, Elisabeth Merk, nicht hinnehmen.

Jan Bielicki

SZ: Die Deutsche Bahn will den Hauptbahnhof nun doch nicht neu bauen. Was bedeutet das für die Stadt?

Stadtbaurätin Merk (Foto: Foto: ahed)

Elisabeth Merk: Nachdem wir seit zehn Jahren gemeinsam mit der Bahn an dem Projekt gearbeitet haben, wundern wir uns schon, mit einer solchen Entscheidung aus der Zeitung konfrontiert zu werden. Wir nehmen das mit Besorgnis auf. Der Münchner Hauptbahnhof ist einer der ganz großen, wichtigen Bahnhöfe der Republik. Darum ist es für uns sehr schwer nachzuvollziehen, dass nun trotz der Qualität der Vorarbeiten an dieser Stelle ein Stillstand eintreten soll. Ich persönlich halte den Hauptbahnhof für einen ganz ausgezeichneten Standort für Geschäfte und Gewerbe.

SZ: Sie glauben, dass sich ein Neubau finanziell für die Bahn lohnen könnte?

Merk: Ohne jede Frage. Die Stadt und vor allem die innerstädtische Lage bieten die besten Voraussetzungen dafür, einen Umbau attraktiv zu gestalten. Mich wundert eher, dass die Bahn auf so eine attraktive Immobilie verzichten zu wollen scheint.

SZ: Wie kann es jetzt weitergehen?

Merk: Wir haben bis vor zwei Wochen mit Vorstandsmitgliedern der Bahn in konstruktiven Austausch gestanden. Es war abgesprochen, eine klare Übersicht der Kosten aufzustellen. Da werden wir natürlich weitermachen.

SZ: Eine der Alternativen war doch, den Altbau unverändert zu erhalten.

Merk: Es ist immer klug, wenn man sich Alternativen anschaut. Nur: Allein der Neubau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke, der für die Bahn technisch notwendig ist, würde mehr als die Hälfte des Bahnhofsgebäudes in Mitleidenschaft ziehen. Da kann man nicht einfach sagen: Ich repariere das und stelle den alten Zustand wieder her. Das wäre unrealistisch und vollkommen unwirtschaftlich. Den alten Bestand wieder aufzubauen, wäre mit höheren Kosten verbunden. Das alte Gebäude ist ja an vielen Stellen sanierungsbedürftig. Es regnet hinein, wie Nutzer der Bahn wie ich merken, wenn sie auf dem Weg zum Zug einen Bogen um Pfützen machen müssen.

SZ: Wie aber soll sich ein immerhin 350Millionen Euro teurer Neubau für die Bahn rechnen?

Merk: Der geplante Neubau bietet eine Bruttogeschossfläche von 170000 Quadratmetern an Stelle der im Altbau vorhandenen 40000 Quadratmeter. Das bedeutet einen enormen Zuwachs an vermarktbaren Flächen.

SZ: Sind die Neubau-Pläne also nicht tot?

Merk: Nein, sie sind für mich nicht gestorben. Es war zwar eine Hiobsbotschaft an meinem vierten Amtstag, und solche Überraschungen der Bahn kenne ich bereits aus anderen Städten. Aber ich und meine Mitarbeiter werden alle Energien dafür einsetzen, dass der Bahnhof dennoch umgebaut wird. Ich bin in den letzten Jahren viel mit der Bahn durchs Land gereist. Ich kenne viele Bahnhöfe und meine, dass der Münchner Hauptbahnhof als Standort der Bahn und als Standort in der Innenstadt es wirklich verdient hat, aufgewertet zu werden. Natürlich kann man die Pläne noch optimieren. Das auszuloten, haben Bahn und Stadt vereinbart. Wenn solche Vereinbarungen eine Halbwertszeit von nur zwei Wochen haben, stellt sich schon die Frage nach der Seriosität dieser Vorgehensweise.

SZ: Was sind sonst die großen Themen, die Sie nach Ihrer Vereidigung am Mittwoch erwarten?

Merk: Wie man sieht, liegen manche große Themen plötzlich und schlagartig auf dem Tisch. Es wird aber auch sonst an großen, wichtigen Projekten nicht fehlen. Ein großes Anliegen ist mir die Frage, wie wir es schaffen, weiter günstiges und sozialverträgliches Wohnen in der Stadt zu ermöglichen.

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