Innenministerium bezweifelt Integration:Vorbeter wehrt sich gegen Vorwürfe

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Forderung nach Aufklärung der Bedenken: Ganz Penzberg steht hinter Imam Benjamin Idriz und bezweifelt die Verdächtigungen des Verfassungsschutzes.

Monika Maier-Albang

Nach Vorwürfen des Innenministeriums gegen Benjamin Idriz, den Imam von Penzberg, haben sich Vertreter der Stadt demonstrativ hinter Idriz gestellt.

Die "Verdächtigungen" aus dem Innenminsterium gegen den Vorbeter, der in München ein Ausbildungszentrum für Imame aufbauen will, und gegen Vorstände der Islamischen Gemeinde sollten "schnellstmöglich geklärt und aus der Welt geschafft werden", heißt es in einer Erklärung aller Fraktionen im Penzberger Rathaus.

Benjamin Idriz, seit 1995 in Penzberg Vorbeter der islamischen Gemeinde, möchte in München ein Islamisches Zentrum aufbauen. Dort sollen Imame und Religionspädagogen in deutscher Sprache geschult werden (SZ berichtete).

Das Konzept für das "Zentrum für Islam in Europa München" (ZIE-M) hatte Idriz kurz vor den Sommerferien Vertretern der Stadt München und Landtagsabgeordneten übergeben.

Das bayerische Innenministerium hatte daraufhin in der vergangenen Woche Idriz' Vorhaben publik gemacht - verbunden mit einer Warnung. Man bezweifle aufgrund von "Erkenntnissen des Verfassungsschutzes", dass die geplante Akademie "wirklich eine echte Integration verfolgt". Das Innenministerium beruft sich dabei auf ein angebliches "internes Konzept", das eine andere Zielrichtung verfolge als das veröffentlichte Konzept.

Imam Idriz erklärte am Dienstag, ein solches internes Konzept "gibt es nicht und hat es nie gegeben". In seiner Erklärung vom 1. August hatte das Innenministerium behauptet, die Initiatoren der Akademie wollten einen "reinen Islam" weitergeben - eine Formulierung, die der Verfassungsschutz für auffällig hält. Außerdem heiße es in dem internen Konzept, Muslime in Europa seien "einigermaßen gezwungen", in der Mehrheitsgesellschaft zu leben.

"Das Innenministerium verkennt, was wir wollen", sagt Idriz zu den Vorhalten. Ihm sei ein "Reform-Islam" wichtig, der zwischen Religion und Tradition unterscheidet, der "jede Form von Fanatismus oder Extremismus ablehnt", der zeige, dass man "Europäer sein kann und praktizierender Muslim". Das Konzept für die Einrichtung, die Idriz mit Unterstützung des Emirs von Sharjah gründen will, steht nun im Internet (www.islam-muenchen.org).

Rückendeckung erhält der Imam von der Stadt Penzberg. "Unsere langjährigen Erfahrungen mit dem Imam und dem Gemeindevorstand sind ausgesprochen positiv", sagt Bürgermeister Hans Mummert (SPD). Als "besonders gedeihlich" lobt der evangelische Pfarrer Gregor Kreile die Zusammenarbeit. Für die katholischen Pfarreien erklärte Dekan Josef Kirchensteiner, man könne "kein Zuwiderhandeln gegen deutsches Recht erkennen" und werde deshalb den Dialog "im Vertrauen und mit offenen Augen fortsetzen."

Mummert zufolge ist die Integrationsarbeit der Gemeinde "vorbildlich". Die Stadt habe die Vorwürfe aus dem Innenministerium deshalb "mit Erstaunen zur Kenntnis genommen" zumal man vor dem Neubau der Moschee, die 2003 eröffnet wurde, beim Verfassungsschutz angefragt habe.

Grünen fordern Aufklärung

Damals seien keine Bedenken geäußert worden. Mummert forderte das Innenministerium auf, "die Vorwürfe zu belegen". "Besser noch wäre gewesen, man hätte sich vorher an einen Tisch gesetzt, statt hier Misstrauen zu schüren". Auch die Landtagsgrünen forderten gestern vom Innenministerium "Aufklärung" bezüglich der Vorbehalte.

Das Innenministerium wirft Verantwortlichen der Penzberger Gemeinde zudem vor, der Organisation Milli Görüs nahe zu stehen. Die Penzberger Gemeinde indes betont, sei sie zwar 1990 als Ortsverband von Milli Görüs gegründet worden, heute aber unabhängig. Nach Angaben des Vereinsvorsitzenden, Bayram Yerli, habe Milli Görüs den Penzberger Verein "ohne unser Wissen" bis 2006 weiter in Mitgliederliste geführt.

Innenstaatssekretär Georg Schmid (CSU) erneuerte seinen Vorwurf am Dienstag. "Wenn die Verantwortlichen so tun, als ob sie mit Milli Görüs seit langem nichts zu tun haben, so ist dies durch Fakten widerlegt". Bayram Yerli habe noch 2005 eine Mitgliedschaft bei Milli Görüs "in einem Behördengespräch" eingeräumt.

© SZ vom 8.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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