Was soll man bloß tun, wenn die Bälger partout nicht ihr Zimmer aufräumen wollen? Wenn Playmobil-Rösser und Monsterhefte eine Dichte erreicht haben, dass nur noch Eingeweihte Auskunft über die Farbe des Teppichbodens geben könnten. Uncoole Dulder-Eltern gehen dann selbst in die Hocke, sortieren den Besitzstand ihres Abkömmlings und träumen dabei von Herakles, dem großen Helden der Antike, der sich Meriten erwarb, als er den schon 30 Jahre vor sich hinmüffelnden Augiasstall ausmistete.
Dieter Reiter aber will kein Held sein. Und uncool auch nicht. Der Oberbürgermeister findet eher uncool, was die Münchner Abend für Abend an der Isar tun. Oder besser: Was sie nicht tun. Aufräumen nämlich, weshalb sich den städtischen Putzkräften des Morgens ein Bild des Grauens offenbart - im Stall des Augias gammelten zumindest keine zerbrochenen Bierflaschen, Kotelettknochen, Einweggrills oder Chipstüten. Mehrere Tonnen räumen die orange gewandeten Mitarbeiter an Wochenenden weg. Ein Appell Reiters, doch bitte den eigenen Dreck wieder mitzunehmen, verpuffte wirkungslos. Im Rathaus wird nun über eine neue pädagogische Linie nachgedacht: nicht mehr aufräumen, den Müll einfach mal liegen lassen. Vielleicht, so die Hoffnung der Abfall-Strategen, merkt dann auch die Feierfraktion, dass es so nicht weitergehen kann.
Die dürfte allerdings unweigerlich in eine moralische Zwangslage geraten. Denn viele Leute tarnen ja ihre Faulheit ganz ernsthaft als soziale Tat: Die leeren Pullen seien für die Flaschensammler, hört man oft am Isarstrand. Und die nächtlichen Ablagerungen ein Arbeitsplatzgarant für städtische Müllmänner. Der Nachschub könnte durch die Aufräum-Blockade ins Stocken geraten, wer will schon mitten im Müll seinen Feierabend feiern? Verdammt herzlos, Herr Oberbürgermeister!