Innenansicht:Verbuchselter Wechstabe

Lesezeit: 1 min

Ein neues Computersystem, und nichts als Ärger: Nach Wochen ist geklärt, wie es zu dem Chaos in den Bürgerbüros des Kreisverwaltungsreferats kam. Es war nur ein kleiner, aber bedeutsamer Fehler

Von Stefan Simon

Manchmal genügt schon ein einziger Buchstabe, um die Welt zu verändern. Die Welt des Hahns zum Beispiel. Streicht man das A aus seinem Namen und ersetzt es durch ein U, wird er zum Huhn. Fällt die Wahl auf einen anderen Vokal, macht ihn das zum Schauspieler oder zum Gespött. Vom, ja genau, Hohn zum Kreisverwaltungsreferat ist es in diesen Tagen nicht weit. Dort hat, wie man seit Montag weiß, ein einziger Buchstabe genügt, um die Bürgerbüros im Chaos versinken zu lassen und viele Münchner kurz vor den Sommerferien in den Wahnsinn zu treiben.

Der Ausfall eines neuen Computerprogramms im Einwohnermeldeamt führte dazu, dass Ausweise und Reisepässe weder ausgestellt noch verlängert werden konnten - zwei Wochen vor den Ferien, da war die Aufregung groß, nicht nur bei den Urlaubern. Die Stadtrats-CSU fragte im Rathaus gleich recht schneidig nach: "Nichts geht mehr im KVR - Wie wird der Bürgerservice sichergestellt?" Näher am erregten Menschen verlangte die Partei zu wissen: "Welche Maßnahmen werden ergriffen, um solche Ausfälle in der Zukunft zu verhindern?" In der Antwort der städtischen Computerfachleute stehen viele schöne Begriffe: Da wird ein Bild von Serverlandschaften gezeichnet, in denen hoch verfügbare Produktivsysteme stehen und künftig auch Ersatzserver, die sich in einem sommerlich anmutenden "warm stand by" befinden.

Um es kurz zu machen: Computerprogramme bestehen aus sehr, sehr vielen Zeilen, die in einer sehr, sehr komplizierten Sprache geschrieben sind. Im besagten neuen Programm des Kreisverwaltungsreferats war ein Buchstabe falsch eingetragen. Ein einziger Buchstabe. Zu dumm, dass ausgerechnet dieser eine Buchstabe den Neustart des ganzen Systems hätte steuern sollen. Darauf muss man, auch als IT-Experte, erst einmal kommen. Gefunden wurde der Fehler erst, als es zu spät war, als überhaupt nichts mehr ging. Der falsche Buchstabe? War ein D statt ein C. Man kann sagen: Es hat zwar nicht die Welt verändert, sie aber ein bisschen unberechenbarer gemacht. Auch nicht schlecht.

© SZ vom 25.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: