Innenansicht:Es fehlt am echten Leben

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Warum es für die Stadt gut ist, dass immer mehr Frauen in Architektur- und Planungsfragen mitreden

Von Katja Riedel

Wenn es um das Münchner Wohnungsproblem geht, dann gibt es zwei Sätze, die sich leicht unterschreiben lassen: Es gibt zu wenige bezahlbare Wohnungen. Und viele Neubauviertel, die zuletzt entstanden sind, könnten architektonisch ansprechender aussehen. In München gibt es viele Schuhschachteln und langweilige Wohnriegel.

Tatsächlich ist es so, dass das Münchner Modell der sozialgerechten Bodennutzung zwar gemischte Viertel entstehen lässt. Wahr ist aber auch, dass das teuer ist, zulasten der Gestaltung geht - und dass der teure Münchner Boden wenig Raum für Experimente lässt. Dabei haben Architekten weltweit viele kreative Ideen entwickelt, wie urbanes Wohnen funktionieren kann - und zudem nicht teuer sein muss. Wie sich Parkhäuser in Appartements umwandeln lassen, ohne sie zuvor abzureißen, zum Beispiel. Oder wie aus Verwaltungs- schnell Wohngebäude werden können.

Zu einer zukunftsgewandten Stadtplanung in einer stark wachsenden Stadt gehört jedoch auch die Frage, wie wir künftig leben wollen. Ob in der Kleinfamilie, in einzelnen Singlewohnungen oder in größeren Verbänden mit gemeinschaftlich genutztem Raum oder flexiblen Wänden, die sich unterschiedlichen Lebensphasen anpassen können. Auch solche Modelle haben Architekten längst entwickelt. In München, wo gerade noch 15 Prozent der Einwohner in klassischen Kleinfamilienstrukturen leben, ist von solchen neuen Wohnformen jedoch noch kaum etwas zu sehen.

Die Baukultur hängt dem gesellschaftlichen Wandel um viele Jahre hinterher. Auch deswegen ist es gut, wenn es in der Stadtplanung insgesamt mehr weibliche Perspektive gibt. Das verändert den Blick auf die Stadt insgesamt. Noch ist es häufig so, dass alle Pläne, die Innenstadt zu beleben, nur bei immer neuen Einzelhandels- und Gastronomieflächen enden, mit nur wenigen Alibi-Wohnungen. Ein großes Mehrgenerationenprojekt mitten in der Stadt etwa gibt es bis jetzt noch nicht. Dabei ist es das echte Leben, woran es dem Zentrum mangelt.

© SZ vom 17.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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