Innenansicht:Die Mitarbeiter müssen bluten

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Das Rote Kreuz hat den städtischen Blutspendedienst übernommen. Wer gedacht haben sollte, dadurch ändert sich nichts, wird nun eines Besseren belehrt. Er hätte aber auch eine Illusion gepflegt

Von Dominik Hutter

Ist das nun eine Jubelmeldung? Dass das Bayerische Rote Kreuz (BRK) den städtischen Blutspendedienst übernommen hat, dessen Mitarbeiter eine fünfjährige Beschäftigungsgarantie erhalten? Die Gewerkschaft Verdi sagt deutlich: Nein, ganz und gar nicht. Denn die etwa 100 Beschäftigten hätten zustimmen müssen, an Standorten in ganz Bayern eingesetzt zu werden; das Plasmazentrum des BRK etwa befindet sich in Würzburg. Für 70 Leute war das nach einer nur vierwöchigen Bedenkfrist keine Option. Sie haben deshalb dem Betriebsübergang widersprochen.

Münchens Verdi-Chef Heinrich Birner fordert nun, nach dieser "Augenwischerei" sehr rasch den stadtinternen Stellenmarkt für die betroffenen Mitarbeiter zu öffnen - viele wüssten bis heute nicht, wie es nach dem Übernahmetermin am 1. April weitergeht. Zwar plant die Stadt eine Qualifizierungsgesellschaft für Mitarbeiter, die ihren Job verlieren; wie sie aussieht, soll der Stadtrat aber erst am 20. April beschließen.

Tatsächlich hat die Übernahme, die das Bundeskartellamt vergangene Woche gebilligt hatte, Licht und Schatten. Licht, weil der Dienst, dem die Stadt pro Jahr bis zu zwei Millionen Euro zuschießen musste, schlicht geschlossen worden wäre, hätte ihn das BRK nicht übernommen. Dann hätten sich alle 100 einen neuen Job suchen müssen (vermutlich bei der Stadt, die betriebsbedingte Kündigungen vermeiden will). Schatten, weil immerhin 70 von gut 100 Leuten nicht in den Genuss der befristeten Beschäftigungsgarantie kommen (wollen).

Abgewickelt wird der Blutspendedienst trotzdem. Das dürfte zwar keine Engpässe in der Blutversorgung nach sich ziehen, das BRK hat seine mobilen Teams aufgestockt. Für Spender aber wird es umständlicher, da die Anlaufstelle an der Dachauer Straße mit ihren fixen Öffnungszeiten entfällt. Im Rathaus geht man indes davon aus, dass nicht zuletzt die großzügigen Besuchszeiten für das Defizit des Blutspendedienstes verantwortlich waren. Und dass natürlich auch das BRK nicht machen will, was schon der Stadt zu kostspielig war: den Umzug in neue Räume zu finanzieren. Eine Eins-zu-Eins-Übernahme hätte bedeutet: Das BRK bindet sich ein Defizit ans Bein. Das war nicht zu erwarten.

© SZ vom 30.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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