Initiative für Mietenstopp:Mit Klemmbrett und Kugelschreiber

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Die Kampagne „Mietenstopp“ sammelte Unterschriften für ein bayerisches Volksbegehren, doch nun ist klar, dass die Länder nicht zuständig sind. (Foto: Florian Peljak)

Das Volksbegehren zum Mietenstopp geht in die heiße Phase. Für viele Engagierte bedeutet das, schnell noch ein paar Menschen zur Unterschrift zu bewegen

Von Miriam Steiner

"Warum eigentlich nicht", sagt eine junge Studentin und zuckt mit den Schultern. Im nächsten Moment beugt sie sich über das Klemmbrett, um ihren Namen in die Liste einzutragen. Am anderen Ende des Klemmbretts steht Juso-Mitglied Benedict Lang, er liefert zusätzliche Informationen: Ein Volksbegehren sei das, sagt er, für sechs Jahre sollen die Mietpreise in Bayern eingefroren werden, so die Forderung. Die Studentin nickt und setzt ihre Unterschrift.

Mit Benedict Lang stehen an diesem Vormittag noch fünf weitere Juso-Mitglieder vor der Ludwig-Maximilians-Universität und fangen Studierende ab, eine von ihnen zieht im Superman-Kostüm die Aufmerksamkeit auf sich. Die Mission: Unterschriften für jenes Volksbegehren sammeln, das explodierenden Mieten entgegenwirken und den angespannten Wohnungsmarkt entlasten soll. "Wir müssen uns beeilen", sagt Lang, "wir befinden uns im Endspurt." Das Volksbegehren läuft noch bis Ende des Monats. Ob die Marke von 25 000 Unterschriften erreicht wurde, wird am 7. Februar verkündet. Wenn das der Fall ist, geht das Begehren in die nächste Phase, dann entscheidet das Innenministerium über die Zulassung. Wird der Gesetzestext abgesegnet, dann liegt er danach zwei Wochen lang in den Rathäusern aus. Wenn ihn in dieser Zeit mindestens eine Million Bayern unterzeichnen, landet das Gesetz im bayerischen Landtag. Falls das Parlament dagegen stimmen sollte, gibt es die Möglichkeit eines Volksentscheids, bei dem die Wahlberechtigten über das Gesetz abstimmen können - eine einfache Mehrheit entscheidet.

Doch bis dahin ist es noch eine weite Reise für die direkte Demokratie. Noch werden Unterschriften gesammelt, eine nach der anderen. Obwohl der Startschuss für das Volksbegehren schon Anfang Oktober gefallen war, leisten Benedict Lang und seine Kollegen an diesem Vormittag vor der Uni noch viel Aufklärungsarbeit. Zahlreiche Passanten wissen nicht, worum es geht und was passiert, wenn sie Name und Adresse in die Listen eintragen. "Bekomm' ich da jetzt was zugeschickt?", fragt eine Studentin zweifelnd. Das sei freilich nicht der Fall, sichert man ihr zu. Für eine Dame in einem roten Mantel ist das Volksbegehren besonders interessant: Sie sei nämlich sowohl Mieterin als auch Vermieterin - "aber eine faire Vermieterin!", wie sie sagt. Das mit der Unterschrift würde sie sich überlegen, jetzt aber sei sie gerade auf dem Weg zur Post. Benedict Lang gibt ihr eine Infobroschüre mit auf den Weg.

Gefühlt jede fünfte angesprochene Person würde stehen bleiben und zuhören, meint Benedict Lang. Viele würden einfach weitergehen. Das ist auch an diesem Vormittag zu beobachten: "Das brauch' ich nicht", sagt etwa ein älterer Herr, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Zu Beginn hätte ihn das noch sehr getroffen, meint Benedict Lang. Doch "mit der Zeit stumpft man ab". Obwohl er selbst Glück hatte und eine günstige Wohnung in Münchens Zentrum ergattern konnte, liegt ihm der Mietenstopp am Herzen - auch zu privaten Geburtstagsfeiern nahm er zuletzt Unterschriftenlisten mit. Die Aktion hier vor der Uni ist für ihn gleichzeitig Wahlkampf: Immerhin will Lang in den Stadtrat. Bei der Kommunalwahl kandidiert er für die SPD, und das kommt auch heute immer wieder zur Sprache. Dennoch gehe es hier nicht um Parteipolitik, sagt Lang, sondern darum, den "Gesamtgeist für das Bündnis mitzutragen". Neben der SPD wird das Volksbegehren vor allem vom Deutschen Mieterbund sowie vom Deutschen Gewerkschaftsbund und den Linken getragen, auch die Grünen etwa unterstützen es.

Als die fünf Juso-Mitglieder mittags nach zwei Stunden ihre Klemmbretter wieder einpacken und von dannen ziehen, haben sie 97 Unterschriften mit im Gepäck. Darunter auch jene der Dame im roten Mantel - sie war nach dem Besuch bei der Post dann doch noch einmal zurückgekommen. "Aus Mitleid mit Ihnen unterschreib' ich jetzt", sagt sie lachend, und Benedict Lang reicht ihr Klemmbrett und Kugelschreiber.

© SZ vom 16.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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