In 40 Jahren:Zukunftsmusik

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Junge Lokalpolitiker stellen ihre Visionen für das Jahr 2057 vor - es geht auch um Umwelt und Zusammenhalt.

Von Annalena Ehrlicher

Während ihres Studiums oder der Ausbildung gestalten sie noch zusätzlich die Zukunft des Landkreises mit: In fast allen Gemeinderäten sitzen junge Menschen, die sich politisch einbringen. Hier berichten einige von ihnen, welche Visionen sie für den Ebersberger Landkreis in vierzig Jahren haben.

Alexander Gressierer, 21, CSU

Drei Punkte beschäftigen den Ebersberger Stadtrat besonders: "Unsere Gesellschaft wird immer älter, darauf muss sich das Gesundheitssystem einstellen." Genau so wie es heute für jedes Kind einen Betreuungsplatz gibt, solle es 2057 auch für Senioren einen Pflegeplatz geben. Zum Zweiten beschäftige ihn der Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. "Bessere Anbindungen werden immer wichtiger, schon alleine, um günstig gelegenen, aber bezahlbaren Wohnraum zu schaffen." Der dritte "und vielleicht wichtigste" Punkt jedoch: "Wenn wir auch weiterhin wissen wollen, wo unsere Nahrungsmittel herkommen, dann wird es wichtig, die heimische Landwirtschaft zu fördern." Eine "Herzensangelegenheit" ist dem 22-Jährigen zudem die Förderung der Vereinskultur. "Damit man auch 2057 noch miteinander und nicht nebeneinander lebt."

Dominik Fuchs, 22, Grüne

"Mir ist bewusst, dass das Auto als Verkehrsmittel auch in den kommenden Jahren wichtig bleibt", sagt der Poinger Gemeinderat. Dennoch sei ein Umdenken zu spüren - vom Bild der "autogerechten Stadt" komme man immer mehr weg. "Letztlich macht der Mix es aus: Carsharing wird immer wichtiger, aber um den S-Bahn-Ausbau werden wir nicht herumkommen." Im Hinblick auf die Energiewende setzt der Student des Umweltingenieurwesens zwar auf erneuerbare Energien, "doch dass Ebersberg energieautark wird, ist eher schwierig". Es sei deshalb umso wichtiger, weiter am Thema der Energieeffizienz zu arbeiten und zusätzlich zur staatlichen Förderung auch auf Landkreisebene Energiehäuser finanziell zu unterstützen. "Dass ich mir für 2057 außerdem eine offene und soziale Gesellschaft wünsche, versteht sich von selbst, weshalb ich mich im Bündnis Bunt statt Braun engagiere."

Omid Atai, 24, SPD

Als persönlichen Wunsch formuliert der Jurastudent, dass sowohl die Kinderbetreuung als auch die Pflege von Senioren im Jahr 2057 staatlich finanziert sind. "Mir ist klar, dass das nicht leicht durchzusetzen ist und man die Finanzierung klären muss", sagt der Poinger Gemeinderat. "Momentan ist aber das Bewusstsein, wie wichtig das ist, gar nicht da." Ein weiteres Thema, das ihn umtreibt, ist der Ebersberger Forst: "Das ist unsere grüne Lunge - die momentan von zwei Staatsstraßen durchtrennt wird." Grundsätzlich müsse man an einem sinnvollen Mobilitätsplan arbeiten, sodass 2057 zum einen der Forst weitgehend unberührt ist, zum anderen aber die Gemeinden im Landkreis gut vernetzt sind. Grundsätzlich betont er: "Manchmal muss man größer denken" - egal, ob im Bezug auf ein immer stärker zusammenwachsendes Europa, den digitalen Staat oder den Status des Poinger Volksfestes als internationale Touristenattraktion.

Franziska Hilger, 30, CSU

Bereits als 16-Jährige hat die junge Mutter sich politisch im Landkreis engagiert. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben ihre persönliche Beziehung zur Politik jedoch verändert: "Die Visionen, die ich heute habe, sind sicherlich viel bescheidener als noch vor fünf Jahren." Die Nähe von Krieg und Terror, Protofaschismus und Populismus sorgten zwar zum einen dafür, dass junge Menschen sich wieder mehr politisch einbringen, so die Ebersberger Kreisrätin. "Aber ich denke gerade im Hinblick auf meine Zwillingsbabys, dass wir heute schon gut dran sind, wenn wir den Status quo halten können: eine demokratische und freie Gesellschaft."

Philipp Goldner, Grüne

Dass die Gemeinden 2057 von oben betrachtet noch ganz klar als eigenständige Gemeinden erkennbar sind, gehört zu den Visionen des Ebersberger Stadtrats. "Ich will keinen Siedlungsbrei entlang der S4 und der S2", fügt er hinzu. "Deshalb gibt es beim Bauen auch nur eine Richtung - und die ist nach oben." Zudem geht er davon aus, dass die Energiewende im Strombereich 2057 bereits seit 27 Jahren vollzogen ist. "In 40 Jahren können wir dann darauf anstoßen, dass zwei Geothermiekraftwerke ans Netz gehen und dass man die Blockheizkraftwerke bis dahin ausgetauscht hat, sodass wir wirklich komplett saubere Beheizung haben." Auch die Autos fahren 2057 in der Vision des Lehrers "seit Jahren komplett schadstofffrei - und zwar in einem Tunnel unter Kirchseeon, der 2057 seine erste Zehnjahresinspektion bekommt".

Benjamin Kirmeier, 31, SPD

Wichtig ist dem Kirchseeoner Gemeinderat, dass der persönliche Kontakt zwischen den Bürgern nicht abreißt. "Die modernen Kommunikationsmittel bestimmen den Alltag immer mehr", sagt er. "Deshalb finde ich es wichtig, dass gleichzeitig Aktivitäten gefördert werden, die Menschen zusammenbringen." Das gelte sowohl für die Freiwilligen Feuerwehren als auch für Gruppierungen wie die "Kirchseeoner Goaßlschnoizer" oder das Karteln im Wirtshaus. "Wichtig ist, dass wir eine Gemeinschaft bleiben, in die man sich gut einfügen kann." In 40 Jahren möchte er am liebsten "beim Schafkopf-Stammtisch mit Syrern, Bayern und allen, die sonst da sind" zusammensitzen und "eine Halbe trinken", während im Fernsehen das Bundesligaspiel des ATSV Kirchseeon übertragen wird.

Friederike Michael, 22, Grüne

Zur Vision der Vaterstettener Gemeinderätin gehört, "dass der Landkreis von der Migration profitiert und es selbstverständlich ist, dass hier verschiedene Nationen friedlich zusammenwohnen". Um dafür Wohnraum sinnvoll zu gestalten, sitzt die Studentin für die Grünen unter anderem im Bauausschuss: "München bleibt auch in den kommenden Jahrzehnten Zuzugsgebiet", sagt sie. "Ich würde mir wünschen, dass junge Familien und junge Menschen aus finanziell weniger starken Familien da mehr unterstützt werden." Gleichzeitig bestehe bei Bauprojekten jedoch der Anspruch, "die Natur soweit wie möglich in Takt zu belassen". Was dennoch absolut notwendig werde, sagt sie, sei der Glasfaserausbau: "Schon heute wird übers Internet telefoniert - in 40 Jahren läuft jede Kommunikation übers Netz."

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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