Hygieneentdecker:Retter der Mütter

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Eine Ausstellung in der Frauenklinik zeigt, wie Ignaz Semmelweis die Medizin prägte

Von Katharina Hamel

Händewaschen rettet Leben - diese Erkenntnis hatte der ungarische Gynäkologe Ignaz Semmelweis (1818-1865) bereits im Jahr 1847. Er erkannte die fehlende Handhygiene bei Ärzten als Ursache für das im 19. Jahrhundert weit verbreitete Kindbettfieber, an dem viele Frauen im Wochenbett starben. Seine Kollegen hielten die Forschungsergebnisse damals für Unfug. Erst nach seinem Tod erkannte man Ignaz Semmelweis als "Pionier der Hygiene und Retter der Mütter" an.

Die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Ludwig-Maximilians-Universität würdigt den Mediziner bis zum 17. März mit einer Ausstellung. In der Bibliothek können Besucher die Lebensgeschichte des Forschers auf Plakatwänden nachlesen. Die Ausstellung wurde vom Semmelweis-Museum für Medizingeschichte Budapest zur Verfügung gestellt. Im Wiener Spital, an dem Semmelweis als Assistenzarzt arbeitete, starben Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen fünf und 15 Prozent der Mütter nach der Geburt. Doch in den beiden Geburtshilfe-Abteilungen des Krankenhauses entdeckte Semmelweis einen beachtlichen Unterschied: Während in der Abteilung der Medizinstudenten und Ärzte bis zu 15 Prozent der Mütter starben, waren es bei den Hebammen nur maximal vier Prozent. Der Tod eines Kollegen, der sich beim Sezieren einer Leiche verletzt hatte, führte ihn schließlich auf die richtige Fährte. Er forderte seine Kollegen auf, die Hände vor der Behandlung mit Chlorkalk zu waschen.

Die Desinfektion zähle neben der Einführung von Antibiotika und Narkosemitteln zu den wesentlichen drei Entdeckungen, die die Medizin noch heute prägen, sagt der Direktor der Münchner Frauenklinik Sven Mahner. Infektionserkrankungen seien für Mutter und Kind eine Risiko. Sie könnten zur Unfruchtbarkeit führen und zu Schädigungen bei den ungeborenen Kindern. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind 2014 nur 29 Frauen im Zusammenhang mit Geburt und Schwangerschaft gestorben. Das sind vier Frauen je 100 000 Lebendgeborenen. Damit zählt Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Müttersterblichkeit.

Die Entdeckung, dass Ärzte und anderes medizinisches Personal Keime über die Hände von Patient zu Patient übertragen, sei Anstoß für viele andere Hygienemaßnahmen gewesen, betont Mahner. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden an der Frauenuniversitätsklinik beispielsweise Gummihandschuhe in der Gynäkologie und Geburtshilfe eingeführt. Die aktuelle Diskussion darüber, kurzärmelige Arztkittel zur Stärkung der Hygiene standardmäßig einzuführen, hält er für wichtig. Allerdings gäben wissenschaftlichen Daten bislang noch keine eindeutiges Aussage her, ob Kittel, Schmuck und Krawatten als Überträger von Keimen überhaupt eine Rolle spielten.

Bis zu seinem Tod forderte Semmelweis seine Kollegen in Vorträgen und offenen Briefen dazu auf, seine Thesen anzuerkennen. Im Sommer 1865 starb er im Alter von nur 47 Jahren unter ungeklärten Umständen in einer Nervenklinik in der Nähe von Wien. Bereits zwei Jahre später zeigte der schottische Mediziner Joseph Lister, dass die Desinfektion eines Operationstisches die Sterblichkeit der Patienten deutlich senkt.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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