Human Race Konzert im Olympiastadion:Runners Rock

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Von Müdigkeit keine Spur: Nach dem zehn Kilometer langen Nike Human Race rockten Blumentopf, die Sportfreunde Stiller und Die Fantastischen Vier das Olympiastadion.

Beate Wild

Wer glaubt, dass man nach zehn Kilometer laufen, völlig fertig ist und eigentlich nur noch zu Hause auf sein Sofa will, hat die 13.000 Münchner unterschätzt, die am Sonntagabend nach dem Nike Human Race gute drei Stunden das Münchner Olympiastadion rockten. Die Motivation der Läufer dürfte jedoch ziemlich hoch gewesen sein: Auf der Bühne erwartet wurde schließlich nicht irgendwer, sondern Blumentopf, die Sportfreunden Stiller und die Fantastischen Vier, also drei richtige Partybands, die es verstehen, dem Publikum so richtig einzuheizen.

Thomas D. von den Fantastischen Vier brauchte für die zehn Kilometer lange Laufstrecke 56,3 Minuten. Anschließend performte er auf der Bühne im Olympiastadion. (Foto: Foto: ap)

Der Startschuss für das vom Sportartikelhersteller Nike gesponserte Rennen ist um 18 Uhr. Promt kommt der schnellste der insgesamt 15.000 Läufer schon nach 29,25 Minuten ins Ziel. Die große Masse braucht freilich etwas länger, die letzten trudeln erst nach zwei Stunden ein. Doch bei diesem Lauf, der in 25 Städten weltweit ausgetragen wurde und an dem insgesamt eine Million Läufer teilnahmen, kommt es gar nicht auf die Schelligkeit an, sondern auf den guten Willen. Ein Teil der Einnahmen werden für eine Charity-Aktion gespendet.

"München ist meine Stadt, ich bin der Typ der tausend Reime hat"

Den musikalischen Anfang machen Blumentopf. Die fünf Hip-Hopper aus München, die ganz Deutschland spätestens seit ihren "Raportagen" in der ARD, den gerappten Spielzusammenfassungen bei der WM und EM, ein Begriff sind, zeigen gleich bei ihrem ersten Song, dass sie die Könige der spontanen Reime sind. Das gerappte Resümee des 10-Kilometer-Laufs ("Ihr habt es geschafft, ihr seid am Ziel") kommt gut an beim Publikum.

Und auch die Huldigung Münchens kommt dabei nicht zu kurz. "München ist meine Stadt, ich bin der Typ der tausend Reime hat", singt Cajus, bevor die Töpfe dann ihre altbekannten Hits wie "Die Jungs aus dem Reihenhaus" oder "Horst" zum Besten geben. Sind zu Beginn des Konzerts noch nicht allzuviele Läufer vom Duschen und Umziehen zurück, füllt sich das Olympiastadion während des halbstündigen Auftritts von Blumentopf doch zusehends.

Bevor die Sportfreunde Stiller an der Reihe sind, kommt in der Umbaupause ein Überraschungsgast auf die Bühne: Dirk Nowitzky, der deutsche NBA-Star. Er ist auch einen Teil der Strecke mitgelaufen. "Aber nicht alles, da ich noch ein bisschen krank bin von Peking", verteidigt er sich.

Dann greifen die Sportis, die anderen Lokalmatadoren, in die Saiten. Auch diese drei Münchner sind durch die WM 2006 deutschlandweit bekannt geworden, als sich ihr Hit "54, 74, 90, 2006" zur inoffiziellen Hymne der Fußballweltmeisterschaft entwickelte. Den drei Jungs sagt man ja gerne nach, sie seien so nett, bodenständig, bescheiden, lässig und sympatisch.

Mag sein, doch das Musikalische lässt schon etwas zu wünschen übrig. Peter Brugger - und das ist nichts Neues - trifft keinen Ton richtig. Nach den ersten paar Lieder sagt er, dass sein Knopf im Ohr ausgefallen sei und er sich deshalb selbst nicht singen höre. "Aber ich bin eh ein so schlechter Sänger, da ist es egal, was ich sing", witzelt er, und schon kann man ihm gar nicht mehr böse sein, auch wenn die Disharmonie richtig in den Ohren schmerzt. Immerhin hat er die Gabe der Selbstironie.

Auch mit ihrem Song "Erste Wahl" kokettieren die Sportis mit ihrem Image als unausgegorene Schülerband: "Wir können auch nicht singen, haben wir auch nie gesagt" und "Nur durch Tricks und Gaunerei sind wir vorne mit dabei" - humorvoller kann man es nicht ausdrücken.

Gegen Ende ihres Auftritts, als DJ Paul aus dem Hintergrund mehr Elektrobeats in die Songs mischt, ist der Sound besser. Als sie zum Schluss "Ich Roque" und Coverversionen von "Jump" und "Eye of the tiger" spielen, ist das Publikum richtig angeheizt und reif für die Fantastischen Vier.

"München, Ihr seid fucking Rocker"

Nach der Siegerehrung der besten Läufer und Läuferinnen ist es dann endlich soweit. Die vier Stuttgarten betreten die Bühne und haben das Publikum sofort im Griff. Sie singen, rappen, tanzen, performen, dass es eine wahre Freude ist. Die Bühnenshow ist professionell, der Sound perfekt, die Lichtshow ansprechend. Die Münchner bekommen sämtliche Fanta4-Hits zu hören, von "Picknicker" über "Immer locker bleiben" und "Sie ist weg" bis "Ein Tag am Meer" ist alles dabei.

Thomas D. trägt ein schwarzes T-Shirt, auf dem die Zahl 56,3 aufgedruckt ist. Nach den ersten Songs löst er das Rätsel auf. 56,3 war seine Laufzeit beim Human Race, bei dem er als einziger Künstler des Abends mitgelaufen ist. "Immerhin unter einer Stunde", verkündet er gutgelaunt. Und Smudo wird nicht müde zu erwähnen, dass das Münchner Publikum ganz besonders toll sei. Schon bei der "Fornika"-Tour im vergangenen Jahr sei das Münchner Konzert ein Highlight gewesen. "München, Ihr seid fucking Rocker", schreit er. Und diese sehen das offensichtlich genauso. Nicht nur die Arena tanzt und hüpft mit, auch die Tribüne bleibt nicht auf ihrem Hintern sitzen und rockt, was das Zeug hält.

Als die 13.000 Läufer und 5.000 Nichtläufer (die, die nur zum Konzert ins Olympiastadion gekommen waren) nach dem letzten Gassenhauer "Troy" nach über drei Stunden den Heimweg antreten, sieht man durchwegs nur zufriedene Gesichter. Oder wie es eine Sportlerin sagte: "Müde, aber glücklich."

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