Hilfe im Notfall:Schnellere Hilfe

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"First Responder" der Feuerwehr unterstützen Rettungsdienste

Von Linus Freymark

Es müssen dramatische Minuten gewesen sein, die eine Familie am Mittwochabend in Obermenzing durchlebte: Der dreijährige Sohn hatte beim Essen eine Cocktailtomate verschluckt. Sie verstopfte die Atemwege, der Junge bekam keine Luft mehr. Seine Eltern alarmierten die Rettungskräfte und versuchten, Erste Hilfe zu leisten. Doch erst der Besatzung eines "First Responders" der Münchner Feuerwehr gelang es, die Tomate aus dem Hals des Jungen zu entfernen.

First Responder kommen mit einem Hilfeleistungslöschfahrzeug. Es verfügt über die gleiche Ausstattung wie andere Feuerwehrautos: Leiter, Blaulicht, Löschwerkzeug. Zusätzlich ist es aber mit zwei Notfallrucksäcken ausgestattet. Darin befinden sich neben Verbandszeug unter anderem ein Defibrillator, ein Gerät für Herzdruckmassagen sowie Sauerstoff- und Beatmungsbeutel. Das Equipment dienst dazu, dass die Feuerwehrleute schnell Erste Hilfe leisten können, noch bevor ein Notarzt am Einsatzort ist. Nicht selten geht es bei diesen Einsätzen, wie an jenem Mittwochabend, um Leben und Tod.

Wird der Leitstelle ein Notfall gemeldet, bei dem Signalwörter wie Atemstillstand oder Bewusstlosigkeit auftauchen, verständigt das System zusätzlich zu einem Rettungswagen automatisch einen First Responder der Feuerwehr. Denn manchmal kommt es vor, dass der nächste Rettungswagen gerade in einem anderen Einsatz ist und wertvolle Zeit vergeht, bis er beim Patienten eintrifft, erklärt Feuerwehrsprecher Stefan Osterhofer: "Notärzte sind häufiger frequentiert." Zudem seien die Feuerwachen anders über das Stadtgebiet verteilt als die Stationen der Notärzte und Sanitäter. Je nach Einsatzort könne sich dann eben eine kürzere Anfahrtszeit für die Feuerwehr ergeben. Um das "therapiefreie Intervall", also die Zeit ohne Behandlung, für den Patienten möglichst kurz zu halten, leisten dann die First Responder der Feuerwehr Erste Hilfe. "Eine explizite Zusatzausbildung gibt es dafür nicht", sagt Osterhofer. "Wir sind eh alle als Ersthelfer ausgebildet."

Ursprünglich wurden First Responder in ländlichen Regionen eingesetzt, in denen Krankenhäuser weit auseinanderliegen und Rettungswägen deshalb deutlich längere Einsatzwege haben als in der Stadt. Seit geraumer Zeit unterhält aber auch die Münchner Feuerwehr diese Einheiten. Nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu den Notarztwägen, betont Osterhofer: "Je kürzer die Zeit ohne Behandlung des Patienten ist, desto besser."

Pro Monat sind es 750 Fälle. Ein Alarm muss aber nicht zwingend einen Einsatz nach sich ziehen. Es kommt vor, dass die vermeintlich bewusstlose Person wieder aufwacht oder dass doch der Rettungswagen zuerst oder gleichzeitig am Einsatzort eintrifft. Dann dreht der First Responder ab. Im Fall des Dreijährigen aus Obermenzing dagegen waren die Feuerwehrleute vor den Notärzten da und leisteten Erste Hilfe - übrigens ohne Zuhilfenahme ihrer Ausrüstung. Die Tomate zogen die Feuerwehrleute mit ihren Fingern aus dem Hals des Jungen.

© SZ vom 15.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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