Helfer kritisieren Justiz:Notanker "Kirchenasyl"

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"Recht gegen Gesetz" vom 23. März, "Ermittlungen wegen Kirchenasyl in drei Fällen" vom 22. März und "Tatort Pfarrhaus" vom 18. März:

Unmenschliche Härten

Ja, die Regeln des Staates müssen eingehalten werden. Es ist beruhigend, wenn eine unabhängige Justiz existiert, die sich nur an das Gesetz halten muss und nicht an Anweisungen von Regierungen. Das Kirchenasyl steht im Widerspruch zum geltenden Recht. Aber es wird nicht aus Übermut gewährt. Kirchenasyl ist ein Notanker, um unmenschliche Härten zu vermeiden, die auch in einem Rechtsstaat entstehen.

Das Recht des Staates, Menschen aus seinem Land abzuschieben, ist nicht höher zu bewerten als die Würde der betroffenen Menschen, als ihr Recht auf ein Leben ohne Angst und Not. Alle Gesetze in Deutschland haben diesem Zweck zu dienen, und dessen Diener auch. Das ist unsere christliche Leitkultur. Darum ist es unverständlich, dass eine sinnvolle Einrichtung wie das Kirchenasyl mit der Härte der Strafverfolgung bekämpft werden muss.

Es sind immer wieder couragierte Menschen gefragt, um Fehlleistungen des Staates zu korrigieren. Auch wenn sie dabei in einer rechtlichen Grauzone handeln müssen. Das ist nicht nur legitim sondern auch notwendig.

Sehr beruhigend ist es, dass in unserem Land Menschen leben, die den Mut haben, ein persönliches Risiko für unsere Werte einzugehen - Danke. Wir, der Asyl-Helferkreis Wonfurt, halten es für angebracht, dass die Verfahren gegen Verantwortliche des Kirchenasyls eingestellt werden.

Für den Asyl-Helferkreis Wonfurt: Franz-Josef Selig, Wonfurt

Zivilcourage

In Bayern geht jetzt die Staatsanwaltschaft gegen eine größere Zahl von Geistlichen vor, die Flüchtlingen Schutz gewähren im Kirchenasyl gegen ihre Abschiebung in den Krieg nach Afghanistan.

Bisher wurden die Verfahren zwar bald wieder eingestellt, aber - so heißt es - bei weiteren Verstößen müsse man mit offiziellen Klagen rechnen.

Das Vergehen der Pfarrer und ihrer Gemeinden heißt "Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt". Zur Vermutung, es gebe eine entsprechende Weisung der Staatsregierung oder einzelner Ministerien, teilte das Justizministerium mit, "eine Vorgabe des Justizministerium, solche Ermittlungsverfahren proaktiv einzuleiten", gebe es nicht.

Vielleicht kam das Veto ja vom Innenministerium? Vielleicht gar als Gegenmaßnahme gegen unliebsame Aktionen aus der Zivilgesellschaft, wie jüngst die Sternfahrt von mehr als 100 oberbayerischen Helferkreisen gegen fragwürdige Abschiebungen nach Afghanistan sowie Arbeitsverbote für Flüchtlinge mit "geringer Bleibe-Perspektive" (Unwort des Jahres?).

Mehr als 1000 Helfer hatten sich unter der Bavaria versammelt, um dagegen ein Zeichen zu setzen. Der Innenminister hatte ja schon im Vorfeld für die Entgegennahme einer Resolution zum Thema "keine Zeit" gehabt. Auch nach der Sternfahrt zur Bavaria war von einer Entgegennahme des Fotos und der Resolution nichts mehr zu hören. Sollte die Aktion gegen Kirchenasyl etwa eine indirekte Antwort sein auf eine flächendeckende Ablehnung der bayerischen Asylpolitik durch die Bevölkerung nach dem Motto "Rechtsstaat gegen humanitäre Werte und Menschenrechte"? Dr. med. Ursula Stahlbusch, Prien

Kein rechtsfreier Raum

Dietlind Jochims (die Vorsitzende der "Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche"; d. Red.) sagt: "Ich habe kein Verständnis für die

Kriminalisierung von Menschen, die gewaltfrei dafür eintreten, Menschenrechte zu achten und Leben zu schützen."

Das genau, liebe Frau Jochims, ist Kern unseres Rechtsstaates, und ich habe kein Verständnis für Menschen, die sich über das Gesetzt stellen. Udo Engelhardt, Baldham

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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