Haushaltsberatungen:Stadtrat empört über Sparpläne des Bundes

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Die Bundesregierung will rund drei Milliarden Euro bei den Zuschüssen an die Kommunen streichen. OB Christian Ude spricht von einem "schlechten Witz". Die finanzielle Lage der Stadt München bleibt weiter angespannt.

Berthold Neff

Der Plan der rot-grünen Bundesregierung, den Kommunen im Zuge der Hartz-IV-Reform etwa drei Milliarden Euro zu streichen, hat gestern im Stadtrat beim Auftakt der Haushaltsberatungen Empörung ausgelöst.

Jeder Euro wird dreimal umgedreht: In München ist Sparen angesagt - trotz guter Einnahmen aus der Gewerbesteuer. (Foto: Foto: DPA)

OB Christian Ude, der auch Präsident des Deutschen Städtetags ist, sprach von einem "schlechten Witz" und kündigte "entschiedenen Widerstand" an.

Die Hartz-IV-Zuschüsse des Bundes stellen im Vier-Milliarden-Etat, den Stadtkämmerer Ernst Wolowicz gestern zum Auftakt der Haushaltsberatungen im Entwurf präsentierte, einen eher geringen Posten dar. Dennoch ist die klamme Stadt mittlerweile auf jeden Euro angewiesen, weil sich die Finanzlage zwar gebessert hat, "aber weiterhin schwierig bleibt", wie Wolowicz vorrechnete.

Weil die Gewerbesteuerzahlungen der Münchner Firmen heuer die neue Rekordhöhe von etwa 1,3 Milliarden Euro erreichen werden, musste die Stadt seit 15 Monaten keine neuen Kredite aufnehmen und konnte die Gesamtverschuldung deutlich unter der Grenze von vier Milliarden Euro halten.

Finanzpolitisch auf dünnem Eis

Voriges Jahr hatte Wolowicz noch befürchtet, bis Ende 2005 einen Schuldenberg von 4,6 Milliarden Euro auftürmen zu müssen. Dennoch bewege sich die Stadt "finanzpolitisch weiterhin auf dünnem Eis", denn bei einem Einbruch der Konjunktur könne die Gewerbesteuer massiv einbrechen.

OB Christian Ude mochte aus "taktischen Gründen" in seiner Haushaltsrede nicht allzulaut über die munter sprudelnde Gewerbesteuer jubeln, "weil Freudentänze Neidgefühle hervorrufen". Nun aber, so Ude, sehe jeder, dass es ein Unding wäre, diese "wichtige und vitale Einnahmequelle der Kommunen" in Frage zu stellen, wie dies die von der Industrie finanzierte Stiftung Marktwirtschaft mit ihrem Modell vorschlage.

Die Kommunen sollten die im Grundgesetz verankerte Gewerbesteuer nie zur Disposition stellen, sagte Ude. Auch er nannte die Finanzsituation der Stadt "unverändert dramatisch", weil die Lasten durch die Pflichtausgaben wie Sozial- und Jugendhilfe nach wie vor stiegen. Ebenso wie der Kämmerer betonte Ude, dass angesichts der angespannten Haushaltslage ein viertes Konsolidierungsprogramm nötig sei, das Einsparungen von insgesamt 100 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren (2007 bis 2011) bringen soll.

"Spielereien" Umweltladen und Bauzentrum

Die FDP-Stadträtin Gabriele Neff, die als Korreferentin der Stadtkämmerei sprach, nannte die Entwicklung der Verschuldung "in höchstem Maße besorgniserregend". Sie sagte, die Konsolidierung des Haushalts werde nur gelingen, wenn die Ausgaben gekürzt und kommunale Werte verkauft würden.

Es dürfe keine Denkverbote geben, wenn man einen Ausweg aus der Schuldenfalle suche. "Spielereien" wie ein Umweltladen oder ein Bauzentrum seien in Zeiten knapper Kassen nicht zu verantworten.

Für die CSU protestierte deren finanzpolitischer Sprecher Thomas Schmatz gegen die Absicht des Bundes, den Kommunen die Zuschüsse im Zuge der Hartz-IV-Reform zu kürzen. Auch das vom Freistaat eingeführte Büchergeld von jährlich 20 Euro (Grundschule) sowie 40 Euro (Realschule und Gymnasium) brachte er zur Sprache, richtete aber seine Kritik gegen die Stadt, die es auf zu bürokratischem Wege eintreibe.

Kinderkrippenplätze bezuschussen oder nicht?

Schmatz sagte, die Stadt müsse auch überdenken, ob sie es sich "dauerhaft leisten" könne, jeden Kinderkrippenplatz mit monatlich 1.266 Euro zu bezuschussen.

Wie stark die Stadt mittlerweile spart, wurde auch aus den Zahlen ersichtlich, die Personalreferent Thomas Böhle erläuterte. Mit nur noch 26.046 Beschäftigen wurde der niedrigste Personalstand seit 1993 erreicht. Die Ausgaben für das Personal steigen 2006 nur um 0,6 Prozent, obwohl für die Kinderbetreuung zusätzlich 6 Millionen sowie für den Lehrdienst 2,5 Millionen Euro eingeplant sind.

© SZ vom 07.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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