Die Festnahme war durchaus filmreif - und auch der Schauplatz wirkte in seiner obskuren Schmuddeligkeit passend: Im November konnte die Münchner Polizei in der Paul-Heyse-Unterführung einen der berüchtigsten italienischen Mafia-Bosse verhaften. Abseits aller Krimi-Szenerien aber gilt das düstere Loch unter dem großen Gleisfeld des Hauptbahnhofs vor allem als Ärgernis.
Sowohl die SPD als auch die CSU haben in offiziellen Anträgen die baldige Sanierung der Autoröhre angemahnt, die mit ihren abgasgeschwärzten Stahlträgern und abgeplatzten Fliesen vor allem bei Fußgängern und Radfahrern Fluchtreflexe auslöst. Die Deutsche Bahn, die für das 1908 fertiggestellte Bauwerk zuständig ist, hat nun reagiert - in Form eines "Witzes", wie SPD-Fraktionsvize Hans Dieter Kaplan schimpft. Die achtzeilige Antwort, in der laut SPD lediglich von Planungen für Fugensanierungen und weiteren Sanierungsarbeiten in den nächsten Jahren die Rede ist, reiche keineswegs aus. Nun müsse sich die Stadtspitze der leidigen Angelegenheit annehmen.
Organisiertes Verbrechen:Mafiaboss in München verhaftet
Patrizio Pellegrino tauchte vor einem Jahr in Apulien unter, jetzt fasste ihn die Polizei in einer schmuddeligen Unterführung. Die Liebe wurde ihm zum Verhängnis.
Unterführung erfüllt "voll die Ansprüche für den abzuwickelnden Eisenbahnverkehr"
"Die Mitteilung, dass irgendwann mal Fugensanierungen geplant sind in einer Unterführung, in der die Fliesen stellenweise schon großflächig von der Wand abgebröckelt sind, wäre fast lustig - wenn sie nicht so ärgerlich wäre", findet Kaplan. In dem Schreiben der Bahn sei keine Rede davon, dass die Röhre für Radfahrer und Fußgänger eine Zumutung ist.
Stattdessen werde darauf hingewiesen, dass der Tunnel "voll die Ansprüche für den abzuwickelnden Eisenbahnverkehr" erfülle. Immerhin wolle die Stadt München nach Kenntnisstand der Bahn die Straßenbeleuchtung erneuern. Zudem prüfe das Baureferat, ob die Reinigungstrupps künftig häufiger anrücken. Kaplan aber bleibt dabei: Es sei "abstrus", einen attraktiven Neubau des Hauptbahnhofs zu errichten, während nebenan Radler und Fußgänger durch die "scheußliche" Röhre geschickt würden.
Die 210 Meter lange Paul-Heyse-Unterführung mit ihren vier Fahrspuren ist die zentrumsnächste Querung der Bahnschneise, die sich von Westen her bis zum Hauptbahnhof zieht. Der Tunnel verbindet die Ludwigs- mit der Maxvorstadt und dürfte nach einer eventuellen Sperrung des Bahnhofsvorplatzes noch stärker befahren sein als jetzt - Staus sind freilich schon heute keine Seltenheit. In den Augen der SPD handelt es sich um "einen der hässlichsten Orte dieser Stadt".