Harter Kampf:Der griechische Torso

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Ein halbfertiger Rohbau mit ungewisser Zukunft: die Baustelle der griechischen Schule von Berg am Laim. (Foto: Catherina Hess)

Im Streit um den Schulbau von Berg am Laim bemüht Athen nun das Völkerrecht

Von Heiner Effern und Melanie Staudinger

Noch arbeitet das Bildungsreferat an seinem zweiten Schulbauprogramm. Doch wenn es bald seine Ergebnisse vorlegt, dürften vor allem die Menschen in Berg am Laim hellhörig werden. Denn dort ist plötzlich ein komplett neues Gymnasium geplant. Es soll nicht auf irgendeinem Grundstück entstehen, sondern an der Hachinger-Bach-Straße, just auf dem Areal, auf dem sich momentan noch der unfertige Rohbau der griechischen Schule befindet. Nachdem die Bauherrin, die Republik Griechenland, mehrere Fristen verpasst hat, ging das Areal bereits wieder in städtisches Eigentum über, Griechenland hat das Gebäude bisher aber nicht abreißen lassen. Denn hinter den Kulissen kracht es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung gewaltig: Die Griechen wollen sich offenbar noch nicht geschlagen geben und drohen weiter mit einer Klage, die jedes neue Bauvorhaben um Jahre verzögern könnte.

Dieses Mal, so ist aus Stadtratskreisen zu erfahren, könnten es die Vertreter Athens wohl mit einem Kniff aus dem Völkerrecht versuchen, der Vollstreckungsimmunität. Diese besagt, grob erklärt, dass staatliche Vermögenswerte vor Vollstreckungsmaßnahmen anderer Staaten immun sind, soweit sie hoheitlichen Zwecken dienen. Die Stadt hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass der Betrieb einer privaten griechischen Schule überhaupt ein hoheitlicher Zweck ist. Fraglich ist zudem, wo die Klage verhandelt würde - in Deutschland oder gar in Griechenland. Der Rechtsanwalt, der die Griechen in München vertritt, war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Der Streit zwischen dem Staat Griechenland und der Stadt München entwickelt sich mehr und mehr zu einer unendlichen Geschichte. Die Griechen haben das Grundstück an der Hachinger-Bach-Straße im April 2001 von der Stadt gekauft. Bis August 2012 sollte dort eine Schule für 750 Kinder stehen. Doch erst als die Stadt 2013 das Areal zurückwollte, tat sich etwas auf der Baustelle. Griechenland und München einigten sich vor Gericht auf eine allerletzte Frist aus Sicht Münchens. Bis Ende Juni 2016 sollte nun ein geschlossener Rohbau stehen, ein Jahr später dann der Bau endgültig fertig sein. Das aber gelang wieder nicht. Am 20. Juli vergangenen Jahres beschloss der Stadtrat einstimmig, das Grundstück auf die Stadt umschreiben zu lassen. Ruhe herrscht seitdem nicht.

Das Bildungsreferat lässt sich vom politischen Säbelrasseln nicht beeindrucken. Es plant, an der Hachinger-Bach-Straße ein Gymnasium zu bauen, das der Freistaat betreibt. Es soll Platz bieten für vier Parallelklassen pro Jahrgang plus Oberstufe. Außerdem sollen auf dem Areal eine große Sporthalle, eine Mensa und eventuell eine Tiefgarage entstehen. Auch an die Betreuung ist gedacht: Die vorläufigen Pläne sehen ein sogenanntes Regionalhaus vor, in dem drei Krippen-, drei Kindergarten- und vier Hortgruppen unterkommen. Der Hort soll von Kindern aus den Grundschulen in der Umgebung besucht werden.

Den halb fertigen Rohbau wollte die Stadt nicht einfach übernehmen, weil der zwar nach griechischen Vorgaben erdbebensicher gebaut ist, nicht aber die hohen städtischen Standards für neue Schulen erfüllt. Das Haus ist als klassische Schule mit langen Gängen und Klassenzimmern gebaut; München dagegen setzt auf moderne Lernhäuser, in denen sich die Zimmer um eine gemeinsame Mitte herum gruppieren. Auch fehlten Fachlehrsäle, ein Gymnasium könnte nur im G 8-, nicht aber im G 9-Modus betrieben werden. Die Stadt muss sich die neue Schule erst einmal beim Kultusministerium genehmigen lassen - das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, weshalb sich die Stadträte von Griechenland und den Klageplänen nicht unter Druck setzen lassen wollen.

© SZ vom 11.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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