Hanflabyrinth bei Garching:Mit Cannabis der Krise trotzen

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Die erste eigene Firma: Drei ehemalige Studenten sehen ihre Zukunft im Hanflabyrinth - immer wieder schaut die Polizei vorbei.

Jennifer Güzel, SZ-Jugendseite

Der Text ist erschienen auf der Jugendseite der Süddeutschen Zeitung. Weitere Texte der Jugendseite finden Sie unter www.sz-jugendseite.de.

Spaß für die ganze Familie: Mit allen Sinnen soll man im Freizeitpark Hanf erleben. (Foto: Foto: oh)

Wie Kiffer sehen die drei jungen Männer wahrlich nicht aus. Trotzdem steht immer wieder die Polizei bei ihnen auf der Matte - wegen Hanfs, der aus ihrem Anbau gestohlen wurde. Sie ziehen ihn im großen Stil, auf einem Feld bei Garching, auf insgesamt 40.000 Quadratmetern.

Zusammen mit seinen ehemaligen Studienkollegen Christian Gehret und Thomas Gutmann hat Markus Sauerhammer im Januar diesen Jahres die Naturdenker GmbH gegründet. Mitten in der Finanzkrise haben die drei Berufseinsteiger all ihre Ersparnisse zusammengekratzt und investiert - in Hanf, in legalen Hanf.

Als Studentenprojekt hat alles begonnen. Christian und Markus - beide damals Studenten des Agrarmarketings und Managements an der Fachhochschule Weihenstephan in Freising - sitzen eines Abends zusammen in der Bar des Wohnheims. Sie reden über die neuen Trends, das Labyrinth im Maisfeld und die grünen Lehrpfade in Hanffeldern.

Und nach ein paar Bier phantasieren sie sich ein Hanflabyrinth zusammen. "Das ist wirklich wie im Dschungel und es hat den Hauch des Verbotenen", beschreibt Markus den Reiz. "Dass der Anbau von Nutzhanf seit 1986 legalisiert ist, weiß ja kaum jemand", erklärt er weiter. Und auch nicht, dass die Pflanze ein vielseitig einsetzbarer und zudem nachwachsender Rohstoff sei.

Versuchung und Verbote

Die Idee ist geboren: ein Freiluftlabyrinth mit Infotafeln und einem Quiz zum Thema Nutzhanf, dazu ein Shop mit Hanfprodukten aller Art und - für das leibliche Wohl - ein Biergarten mit kühlem Hanfbier und leckeren Hanf-Burgern. Ein Ausflugsziel zu fairen Preisen wollen sie bieten. Spaß soll es bringen, und dabei nicht nur aufklären, sondern auch ein Beispiel sein für nachhaltiges Wirtschaften: Nach Saisonende wird der Hanf weiterverarbeitet, das Feld anderweitig bebaut, das Ökosystem bleibt erhalten.

Von der Idee entflammt, erstellen die beiden Studenten unter Hochdruck ein Konzept. Unzählige Telefonate und Arbeitsstunden später ist es endlich soweit: Im Frühjahr 2006 schneiden Markus und Christian mit Hilfe einiger Kommilitonen ihr erstes Labyrinth in ein Hanffeld in der Nähe von Freising. Das Motiv? Zwei bolzende Fußballer natürlich - was sonst bewegt zwei echte Jungs im Jahr der Fußball-WM im eigenen Land...

Der Erfolg überwältigt die beiden Freunde. "Am Anfang haben wir das eher als Spaßprojekt gesehen, aber mit 20000 Besuchern im ersten Jahr hat es all unsere Erwartungen gesprengt und wir haben dann von allen Seiten so viel Zuspruch bekommen, dass wir beschlossen haben, damit weiterzumachen", sagt Markus. Regelrecht besessen seien sie gewesen von ihrem Projekt und so irren auch im folgenden Jahr wieder Jugendliche, Familien und Schulklassen durch ein Schloss Neuschwanstein aus Hanf.

Manche der Besucher erliegen der Versuchung: Trotz Verbotshinweisen seitens der Betreiber nimmt sich der ein oder andere ein Andenken von seinem Ausflug mit nach Hause. Entwendete Blüten oder auch ganze Hanfpflanzen bleiben von der Polizei natürlich nicht unbemerkt.

"Der Unterschied zwischen berauschendem Cannabis und Nutzhanf ist bei den Menschen noch nicht ganz angekommen und man merkt ihn ja auch nicht - die Pflanzen sehen aus wie Cannabis, sie riechen wie Cannabis... Wir wollen aber rein auf die Vorteile der Nutzpflanze aufmerksam machen und werben nicht für die Legalisierung von Drogen", stellt Markus klar.

Trotz des großen Erfolges nehmen sich Markus und Christian in der folgenden Saison eine Auszeit, schließen ihr Studium ab und ziehen Bilanz aus den vergangenen zwei Jahren. Nach ein paar Tagen Bedenkzeit ist die Entscheidung gefallen. Mitten in der Wirtschaftskrise werfen Markus, Christian und Studienfreund Thomas, der nachträglich dazugestoßen ist, ihr Privatvermögen zusammen. Christian gibt sogar - trotz Familie - seinen sicheren Job auf und gemeinsam gründen sie im Januar 2009 die Naturdenker GmbH.

Aus dem Hanflabyrinth mit Infotafeln wollen sie einen Freizeitpark mit einem umfassenden Bildungsangebot machen. Das Labyrinth bleibt, doch in seinem Inneren soll es Fühl- und Audiostationen zu entdecken geben, eine Kinder-Uni und verschiedene Themenwochen. Erneuerbare Energien, Klimawandel, nachwachsende Rohstoffe - mitten in ihrem 40.000 Quadtratmeter großen Hanffeld wollen die drei Freunde mehr Umweltbewusstsein schaffen. Mit allen Sinnen erleben, lernen und vor allem Spaß dabei haben. "Wir wollen zeigen, dass Spaß und Bildung zusammen funktionieren", betont Markus.

Mit diesem Konzept und viel Engagement bekommen die Firmengründer für ein Jahr ein Gründer-stipendium und ein Büro in der FH Weihenstephan. Ausgelegt ist es für drei Personen, mittlerweile arbeiten dort in den Stoßzeiten jedoch bis zu sieben Menschen, denn die drei Jungunternehmer haben Mitarbeiter eingestellt.

Möglich sei all das geworden, weil sie von ihrer Idee überzeugt seien. "Das ist eine gute Sache: Du bringst Kinder zum Lachen, bringst ihnen etwas Wichtiges bei, kannst deine eigenen Ideen umsetzen und verdienst auch noch dein Geld damit", sagt Markus begeistert. Und: "Du machst etwas Sinnvolles." Es sei erstaunlich, was alles funktioniere, wenn man es einfach versuche, fügt er hinzu.

Volles Risiko

Thomas, Christian und Markus leben für ihre junge Firma. Alles, was sie haben - ihr Geld, ihre Zeit, ihre Sicherheit - steckt im "Freizeitpark im Hanffeld". Mitten in der Wirtschaftskrise haben sie das alles investiert in ein extrem wetterabhängiges Saisongeschäft und sie wissen nicht, wie die Besucher ihr Konzept annehmen werden, denn etwas Vergleichbares gibt es nicht. Doch Markus ist optimistisch: "Ich glaube, dass unsere Idee ein Gewinner aus der Finanzkrise ist. Wir bieten eine günstige und sinnvolle Freizeitmöglichkeit in der Region an und schließlich haben die Kinder auch weiterhin Schulferien und die Menschen müssen auch in der Krise in ihrer Freizeit etwas machen."

Der Jungunternehmer hat gerade noch Zeit für ein schnelles Sandwich zu Mittag, dann muss er schon weiter zum nächsten Termin - raus auf das Hanffeld. Es regnet in Strömen. "Da werde ich nachher wieder toll aussehen," meint er lächelnd: "So ist das eben, wenn man eine eigene Firma hat."

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© SZ vom 26.05.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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