Handy-Deals im Gefängnis:Wachtmeister hinter Gittern

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Ein Wachtmeister schmuggelte Handys in die Justizvollzugsanstalt Stadelheim, obwohl das streng verboten ist. Nun ist der 37-Jährige verurteilt worden - und muss selbst ins Gefängnis.

Christian Rost

Ein korrupter Vollzugswachtmeister der JVA Stadelheim muss drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das Landgericht München I sprach den 37-Jährigen am Donnerstag der Bestechlichkeit in 14 Fällen und des Betrugs schuldig. Thomas L. hatte im Prozess vor der fünften Strafkammer eingeräumt, Handys und andere Gegenstände im Auftrag einer Bande um einen türkischen Rauschgifthändler in die Justizvollzugsanstalt geschmuggelt zu haben.

Trotz hoher Mauern: In der JVA Stadelheim wurden Handys verkauft. (Foto: dapd)

Der Vorsitzende Richter Peter Noll sprach von einem Fall von "Bestechung im Zentrum der Justiz". Wenn man den Beamten im Strafvollzug nicht mehr trauen könne, "dann können wir unseren Laden zusperren", so Noll.

Der Angeklagte lebte nach Auffassung des Gerichts "über seine Verhältnisse". Über Jahre hinweg ließ er offene Rechnungen zum Beispiel für Möbelkäufe oder bei einem Autohaus unbeachtet, bis der Gerichtsvollzieher vor der Tür stand. Nachforschungen über seine Finanzen ergaben einen Schuldenstand von 75.000 Euro, L. selbst sprach von lediglich bis zu 30.000 Euro, und diese Außenstände habe seine Ex-Freundin verursacht.

Richter Noll nahm ihm das nicht ab: Es sei "wenig mannhaft", die Schuld immer bei anderen zu suchen. Der Angeklagte müsse lernen, selbst für seine Dinge einzustehen.

Zugegeben hat der ehemalige Berufssoldat immerhin, dass er sich von Gefangenen in Stadelheim bestechen ließ. 14-mal brachte er Tüten mit Handys, USB-Sticks, Rasierern und anderen Gegenständen unbemerkt von seinen Kollegen im Wachdienst in die JVA und deponierte die Ware an einem Baum im Gefängnishof. Die Empfänger der Handys verkauften die Geräte für ein Vielfaches des Einkaufspreises an Mithäftlinge weiter. Gefangenen ist es streng verboten, Mobilfunkgeräte zu besitzen.

Für das Gericht wog schwer, dass L. gar nicht genau wusste, was er da alles in die Haftanstalt brachte. Teil der Lieferungen in der Zeit von März bis Dezember 2011 waren auch in Alufolie eingewickelte Gegenstände, vermutlich Drogen. "Salamischeiben waren es bestimmt nicht", so der Richter.

L. wollte als Gegenleistung für seine Dienste einen Kredit über 50.000 Euro von der siebenköpfigen Bande vermittelt bekommen. Stattdessen wurden ihm nach jedem Schmuggel Geldbeträge von 150 bis 2000 Euro zugesteckt. Das Geld verwendete er aber nicht, um seine Schulden zu bezahlen: Er bestellte sich ein neues Auto und buchte eine teure Dubai-Reise.

Wegen Betrugs wurde der gebürtige Augsburger verurteilt, weil er außerdem einen Kollegen in der JVA geprellt hatte. Der Vollzugsbeamte nahm einen Kredit über 20.000 Euro auf, womit L. seine Schulden bezahlen sollte. Auch der Großteil dieses Geldes ging für private Zwecke drauf - etwa für eine 2000 Euro teure Couch.

Der Angeklagte habe in Kauf genommen, dass er das Geld nicht zurückzahlen konnte, so das Gericht. Das sei nicht nur ein Betrugsdelikt, sondern auch "ein schwerer charakterlicher Mangel". Zugunsten des Angeklagten wurde das Geständnis gewertet.

Parallel zu diesem Fall laufen derzeit noch weitere Verfahren gegen drei ebenfalls mutmaßlich bestechliche Beamte der JVA Stadelheim.

© SZ vom 13.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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